Im Regionalexpress nicht auffallen

Sie merken es beim Studieren dieser Zeilen möglicherweise nicht sofort, aber ich tippe diesen Text bei einer Geschwindigkeit von gut und gern 100 Kilometern in der Stunde. Dieser Eintrag entsteht also während einer wilden Fahrt durch die norddeutsche Nacht. Man muss das jetzt wohl so machen – jedenfalls hat hier oben im RegionalExpress eigentlich jeder einen von diesen Leuchtkästen, von diesen Streichelhandys in der Hand – da hinten sitzt sogar einer und telefoniert mit dem Ding… absolut verrückt.
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Bahn-Getwitter

Am Wochenende habe ich die erste nützliche Twitter-Nutzung entdeckt: Die Fahrplan- bzw. vor allem die Verspätungs-Infos der Bahn. Gibts für alle großen einige Bahnhöfe nach dem Motto “www.twitter.com/abStadt” – Sie können sich vorstellen, was da am Sonnabend und Sonntag zum Beispiel bei “abRostock” los war. Scheint ganz zuverlässig zu funkionieren (auch wenn nicht ganz klar ist, ob das ein direkter Service des Unternehmens ist oder jemand anderes da die gute Idee hatte).

Gut und schlecht

Gut: Morgens mit dem Intercity von Rostock nach Schwerin fahren und den Blick über Mecklenburgs Getreidefelder, Knicks und Wäldchen schweifen lassen, während die Sonne langsam höher steigt.
Schlecht: Feststellen, dass sozusagen über Nacht zwei wichtige Schrauben am Tretlager vom Schweriner Fahrrad verschwunden sind und mit jedem Tritt in die Pedale ein gnadenloses Knacken durch die Straßen schallt…
PS: Dann wiederum gut: Im Funkhaus feststellen, dass heute ja alles anders ist: Seit gestern Abend bis Freitag läuft der NDR1-Radio-MV-Hitmarathon, das sind 1000 Titel, die die Hörerinnen und Hörer per Internetabstimmung ausgewählt haben. Das Besondere: Hörerinnen und Hörer konnten sich als Mit-Moderatoren bewerben und nun steht fast jede Stunde Tag und Nacht ein Gast im Studio. Einige haben schon Kuchen mitgebracht. Sehr aufmerksam. Und jetzt ist gerade Heinz-Rudolf Kunze als Mit-Moderator aus Hannover zugeschaltet.

Arien an Gleis 9

Sehe gerade etwas Faszinierendes im Fernsehen: La Traviata im Hauptbahnhof, live auf arte. Der Kulturkanal überträgt die Verdi-Oper direkt von den Bahnsteigen und aus den Verkaufshallen des Hauptbahnhofes in Zürich. Ein Imbiss ist dabei ebenso Kulisse wie ein Gepäckwagen oder ein Fahrkartenschalter.

Opernszene aus dem Hauptbahnhof von Zürich, live auf Arte, TV-Screenshot So sah man eben schon die männliche Hauptrolle Rolltreppe fahren und in einen Zug steigen, der dann auch abfuhr.

Opernszene aus dem Hauptbahnhof von Zürich, live auf Arte, TV-Screenshot

Dazwischen stehen tausende zufällige Zuschauer, also Pendler, Fernreisende, von denen man viele aufgeregt telefonieren sieht. Andere hasten durchs Bild, weil sie noch schnell einen Kaffee beim Bäcker kaufen wollen, im Hintergrund flimmern Werbetafeln, ein Zugschaffner fertigt zwischen zwei Sätzen noch schnell einen Intercity ab. Dass sie alle an diesem Abend ausgerechnet in einer zugigen Bahnhofshalle Teil einer live im Fernsehen übertragenen Operninszenierung werden, damit haben wohl nur wenige gerechnet.

Natürlich geht es um Liebe, um unglückliche selbstverständlich – und das alles auf Italienisch, mit Untertiteln. Kurz zusammengefasst: Junge aus gutem Hause liebt Mädchen aus durchschnittlichem Hause, welches überdies aber leider auch sterbenskrank ist. Familie von Mann will das junge Liebesglück beenden, sät Zwietracht. Die Verwirrungen daraus reichen für eine fast dreistündige Fernsehübertragung (mit Pausen).

Opernszene aus dem Hauptbahnhof von Zürich, live auf Arte, TV-Screenshot

Sehr interessante Art von Fernsehen – ein spannendes Experiment, das sehr gut zu gelingen scheint. Die Logistik, die dahinter steckt, mag man sich gar nicht vorstellen, wenn ein Opernensemble samt Orchester einen Hauptbahnhof mit über 20 Gleisen als Kulisse nutzt und das alles noch im Fernsehen übertragen werden muss, während der Verkehr auf dem Bahnhof ganz normal weiterläuft und die meisten Zuschauer gar nicht ahnen, dass sie Zuschauer werden, bis sie plötzlich zwischen Fahrscheinautomat und Bahnsteigkante mitten drin sind. Besonders beeindruckend sind die Einblendungen der Spidercam, die Kamerafahrten nahezu durch die gesamte Bahnhofshalle erlaubt, weil sie wie eine Spinne an Seilen unter dem Bahnhofsdach hängt. Schiefgehen, so sagte es der Opernregisseur in einer Pause, könne eigentlich nichts: nur ein Stromausfall oder ein Meteoriteneinschlag könnten jetzt noch die Oper im Bahnhof im Wortsinn aus der Bahn werfen. Auf der Internetseite gibt es Hintergründe zu diesem Fernseh-Höhepunkt.

Wie das wohl in Rostock aussehen würde. Das Ensemble des Volkstheaters im S-Bahn-Tunnel unterm Hauptbahnhof?

Mehdorn-Pauschale

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Ach, Sie sind dagegen? Dann möchte ich Sie gern entschädigen: Die Aufregung um die Bediengebühr von 2,50 Euro am Bahnhofs-Schalter war heute auch Thema in der Diskussionssendung “klar und deutlich” bei NDR1 Radio MV. Es könnte alles noch viel schlimmer kommen mit der Mehdorn-Pauschale. Ich habe eine Glosse beigesteuert, die man sich auf der Internetseite des NDR noch einmal anhören kann.

Molli 1988

Es ist eine Frage des Der und Die. Je nachdem, wer was sagt, daran kann man erkennen, ob sich jemand auskennt in der Region rund um Rostock. Die Dampf-Schmalspurbahn von Bad Doberan nach Kühlungsborn heißt schließlich “der Molli”, nicht “die”. Die heute privatisierte, 15,4 Kilometer lange Strecke mit Dampfloks und historischen Salonwagen war schon zu DDR-Zeiten eine Attraktion, wie dieser 20 Jahre alte Film zeigt.

Es ist in der Tat ein Erlebnis, mit dem Zug mitten durch Bad Doberan zu fahren – auch, weil es diese antiken Papp-Fahrkarten gibt. Und während man da so entlang fährt, kann man ja an “die Molly” denken, an die mit Y am Ende: das ist die Lokomotive von Jim Knopf.