Lena und Horst

Erst Lena, dann Horst. Erst Begeisterung, dann Enttäuschung. Eine schriftliche Aufarbeitung des Eurovision Song Contest 2010 und der Bundespräsidentenrücktritts.

Was für ein aufregender Wochenstart. Erst gewinnt Deutschland nach 28 Jahren wieder mal den Song-Wettbewerb der Eurovision, ist mehrheitlich im Freudentaumel, und einige Kolumnisten sehen die erfolgreiche 19-Jährige Sängerin nach ihrer Heimkehr am Sonntag schon als Bundespräsidentin, spaßeshalber – und einen Tag später muss Deutschland wirklich ein neues Staatsoberhaupt suchen. Das alles muss ich jetzt hier verarbeiten. „Lena und Horst“ weiterlesen

Lena-Tube

Lena, wo man nur hinklickt….Heute morgen gabs auf youtube eigentlich nur ein Thema:

Lena_Youtube
Thema Lena. Die Nachfrage nach Videos und Mitschnitten war beim bekanntesten Film-Portal am Montag nach Lenas ESc-Sieg recht groß...

Wohlan

Ein wenig Statistik und andere Auswertungen sowie Kaffesatzleserei zum bevorstehenden Finale von “Unser Star für Oslo”.

Heute Abend also. Ab 20:15 Uhr geht es beim Vorentscheid für den Eurovision Song Contest (ESC) endlich auch mal um das Lied, mit dem Deutschland aus dem Tabellenkeller herauskommen will. Selbstverständlich ist nicht ganz unerheblich, wer dieses Lied vorträgt, und so geht es bei der letzten Runde von “Unser Star für Oslo” vor allem auch um die Person, allerdings auch um die Persönlichkeit. Auf jeden Fall hat das musikalisch interessierte Voting-Volk jede Menge zu tun, weil es sich eben nicht nur zwischen Lena Meyer-Landrut und Jennifer Braun entscheiden muss, sondern auch, mit welchem Lied die eine oder die andere am 29.Mai auf der europäischen Bühne antreten soll. Mannomann, das geht hoffentlich gut.

Lena Meyer-Landrut scheint heute Abend wohl die Favoritin zu sein. Zumindest weckt Sie das mit Abstand größte Interesse bei Suchanfragen bei google.

googletrendsusfoDas muss nichts heißen – kann aber doch schon auf den möglichen Ausgang des heutigen Abends hindeuten – unabhängig von der musikalischen Qualität ihrer Vorträge.

„Wohlan“ weiterlesen

USFO-Niveau

Die Bilanz der dritten Runde von “Unser Star für Oslo” zeigt: Das musikalische Niveau bei den meisten Sängern ist sehr hoch. Das Ausscheiden von Maria-Lisa Straßburg aus Neuhof bei Ribnitz-Damgarten war allerdings abzusehen – sie hatte mit ihrem Song keine gute Wahl getroffen und fiel im Vergleichzu den anderen Kandidaten trotz solider Leistung hinten runter.

Teil drei des deutschen Vorentscheids für den Eurovision-Song-Contest hat heute Abend besonders deutlich gemacht, wie hoch das musikalische Niveau bei den meisten Unser-Star-Für-Oslo-Kandidaten ist. Beeindruckend der Auftritt von Lena Meyer-Landrut (für deren Weiterkommen ich mich dann auch mit 50 Cent eingesetzt habe), die ein melodisch und rhythmisch höchst anspruchsvolles Lied gesungen hat. Wer derart selbstsicher mit so etwas Kompliziertem wie “Diamond Dave” von “The Bird and the Bees” vor ein Millionenpublium tritt, dürfte in Oslo im Finale trotz der größeren (gesamteuropäischen) Dimensionen hoffentlich trotzdem einen guten Auftritt hinlegen. „USFO-Niveau“ weiterlesen

ESC: Heute Neustart

Endlich, der ESC geht in eine neue Runde. Der Start der deutschen Vorrunde mit neuem Auswahlmodus bringt hoffentlich endlich mal den gesamt-europäischen musikalischen Durchbruch…

Was bei diesem ganzen nordostdeutschen Winterwahnsinn ein wenig untergeht, ist der gesamtdeutsche ESC-Vorausscheid-Wahnsinn 2.0. Heute ist die erste Runde von acht Castingshows, die von Pro7 und in zwei Fällen vom Ersten übertragen werden. Aus 20 intern und unter Ausschluss der Öffentlichkeit ausgewählten Musikern soll am 12. März schließlich der beste ausgewählt sein, der dann “unser Star für Oslo” ist. Das Große Finale des Eurovision Song-Contests 2010 ist am 29. Mai.

Heute stellen sich ab 20:15 die ersten zehn Kandidaten der Jury unter dem Vorsitz von ESC-Wiedergutmachungs-Hoffnung Stefan Raab. Fünf kommen weiter, die anderen fliegen raus. Darüber urteilen heute außerdem Marius Müller-Westernhagen und Yvonne Catterfeld. „ESC: Heute Neustart“ weiterlesen

Song-Contest-Finale künftig wieder mit Jury

Diaspora-Voting und Nachbarschaftshilfe – mit diesen beiden Schlagwörtern haben auch in diesem Frühjahr viele Fernsehzuschauer die Ergebnisse des Eurovision Song Contest, des Grand Prix also, kritisiert. Bei der europaweiten telefonischen Abstimmung der Fernsehzuschauer empfanden manche Länder das Ergebnis als ungerecht. Die ESC-Orgainsatoren haben deshalb beschlossen: Ab dem kommenden Jahr darf wieder eine Jury aus Fachleuten mitentscheiden, welches Lied im Finale das beste war.

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Der ESC soll gerechter werden

“Balkan-Connection, befreundete Länder schanzen sich die Punkte zu, gute Musik hat keine Chance – und wir bezahlen dieses Theater auch noch.” Der Eurovision Song Contest (ESC) ist bei den Fans in Deutschland in den vergangenen Jahren etwas in Verruf geraten. Sie hatten den Eindruck, dass sich befreundete Länder immer, und unabhängig von der Qualität musikalischer Darbietungen, die Punkte schenken und dadurch andere Länder wie zum Beispiel Deutschland keine Chance auf die vorderen Plätze hatten. Kritik dieser Art gab es auch in anderen Ländern. Zwar verweisen Fachleute solche Mutmaßungen ins Reich der Mythen, trotzdem soll sich ab diesem Jahr und mit der Endrunde in Belgrad was ändern beim guten alten Grand Prix.

Jedenfalls hat die European Broadcasting Union (EBU) die Regeln für den ESC ans moderne Europa angepasst, wie es EBU-Generalsekretär Svante Stockselius in einem Interview auf den Grand-Prix Seiten des NDR erläutert: “Das neue Europa verlangt das ganz offensichtlich: Es ist eben nicht wie früher, als die Geschichte des ESC begann.”

Nichts ist mehr so, wie es mal war, sondern nunmehr eine “Mischung aus Bestimmung und Zufall”. Ergebnis einer langen Analyse der Punktevergabe der vergangenen Jahre ist jedenfalls ein kompliziertes System. Die EBU hat mehrere Töpfe gebildet. Darin sind die Länder zusammengefassst, von denen man annimmt, dass sie sich mit hohen Punktzahlen gegenseitig begünstigen und so genannte Nachbarschaftswertungen abgeben.

So sind in Topf 1 Albanien, Bosnien & Herzegowina, Kroatien, Mazedonien, Montenegro sowie Slowenien zusammengefasst, in Topf 5 Armenien, Weißrussland, Georgien, Israel, Moldau, Russland und die Ukraine. Diese insgesamt sechs Töpfe sind wichtig fürs Halbfinale, oder besser: Für die beiden Halbfinale. Weil es in diesem Jahr 43 Teilnehmer sind, finden aus Zeitrgünden diesmal zwei Vorrunden statt. Aus jedem Topf wurden nun jeweils die Hälfte der Länder in die erste Halbfinalausgabe gelost, der Rest in die zweite.

Bei den beiden Vorrunden dürfen zudem nur die Zuschauer abstimmen, deren Länder teilnehmen. Auf diese Weise soll die Wahrscheinlichkeit verringert werden, dass Nachbarschaftswertungen, fernab von jeglichen ästhetischen bzw. musikalischen Kriterien dem Abstimmungsergebnis einen faden Beigeschmack verleihen. Ganz ausschließen lässt sich das aber auch mit der neuen Regel nicht.

Aus diesem Grund wird diesmal deshalb auch eine Jury die Lieder beurteilen. Ein Lied aus jedem Semifinale, das die Experten zwar gut finden, welches aber von den Zuschauern nicht gewählt wurde, kann dann trotzdem mit Hilfe dieses Jokers ins Finale rutschen.

Das klingt kompliziert und fast so kompliziert wie die Reform der EU und ihrer Institutionen, aber es geht ja schließlich auch um Europa. Ob der ESC tatsächlich gerechter* wird, kann man dann am späten Abend des 24. Mai entscheiden, wenn die letzten 12 Punkte vergeben sein werden.

*Ja, ich weiß, gerecht kann man nicht steigern. Ich mache es trotzdem

Von wegen, alles Roger…

Ach, der Grand Prix. Was soll man noch sagen. Die 52. Ausgabe des Eurovision Song Contests hat eine Serbin gewonnen – weil ihr Vortrag wirklich gut war. Das spiegelt sich auch in der Punktevergabe wider. Für Marija Serifovic gab es nicht nur aus benachbarten und historisch bedingt befreundeten Ländern viele Punkte, sondern auch aus West- und Nordeuropa.
Aber dann: Die Ukraine holte sich mit Travestie und Wortfetzenklamauk Platz 2, Russland schickte ein zusammengecastetes Mädchentrio nach Helsinki und somit auf Platz drei in der Gunst derjenigen Europäer, die per Telefon mit abgestimmt haben.
Roger Cicero landete mit “Frauen regier’n die Welt” auf Platz 19 mit 49 Punkten.
Zusammengefasst hatten die Final-Beiträge aus allen Ecken des Kontinents ein gutes Niveau (von Ausreißern wie Großbritannien und Irland mal abgesehen). Rein nach musikalischen Gesichtspunkten hätte die Abstimmung auch eine ganz andere Reihenfolge ergeben können. Zufall, dass dies nicht passiert ist? Wohl nicht.
Auch im Jahr 2007 zeigte sich, dass der weltgrößte Musikwettbewerb ein strukturelles Problem hat.
Von den 42 Nationen, die mit abgestimmt haben, sind 20 zum ehemaligen sogenannten “Ostblock” zu rechnen. Höchstpunkte an benachbarte Nationen sind dort eher die Regel als unter Westeuropäern. Unabhängig, wie viele Einwohner jedes Land hat oder Teilnehmer bei der Abstimmung mitmachen: Jeder kann dem beliebtesten Song 12 Punkte geben.
Ergebnis in diesem Jahr: Die 16 ersten Plätze teilen sich Ost- und Südosteuropäer und die Türkei.
Natürlich entscheiden die Menschen dort nicht ausschließlich nach politischen und/oder historischen Gesichtspunkten, stellt sich aber die Frage, ob der Song Contest unter dieser Dominanz leidet. Viele Fans in Deutschland, Finnland und anderswo wüften das als ungerecht empfinden.
Allerdings darf hier auch der Hinweis nicht fehlen, dass die Abstimmung nur in Ansätzen demokratisch und schon gar nicht repräsentativ ist: Nur, wer bereit ist, Geld auszugeben, darf mit entschheiden, dass dann aber auch so oft, wie er möchte. Außerdem ist noch nicht klar, wie groß der Marktanteil der Show in Europa war.
Oder aber – auch das ist natürlich möglich – das Abstimmungsergebnis 2007 ist der Beweis dafür, dass in den meisten Staaten des ehemaligen Warschauer Paktes derzeit mehr Musik gemacht wird, die dem gesamteuropäischen Geschmack entspicht.
Trotzdem, wenn man das Abstimmungsverfahren ändern wollte: Es dürfte nicht einfach sein, eine Lösung zu finden. Vielleicht ist Musik auch etwas zu Banales, um über eine Stimmengewichtung debattieren. Aber wenn dies diskutiert wird, dann dürfte jetzt schon klar sein, dass die Debatte darum lange dauern könnte. Vielleicht müssten in die Gewichtung der Länderstimmen Werte wie “Bevölkerungsanteil in Europa”, “Höhe der Beiträge an die Eurovision”, “Anzahl der Anrufer”, “Zahl der Zuschauer”, oder was auch immer berücksichtigt werden. Ein Weg, den Effekt der gegenseitigen Verbundenheit zu mindern, wäre das aber wohl noch nicht. Abgesehen davon müssten ja auch die betroffenen Länder diese Idee noch gut finden.
Aber warum sollte es bei so einem Musik-Firlefanz einfacher sein als bei wirklich wichtigen Dingen.

Grand Prix unberechenbar

Das Ergebnis des 51. Eurovision Song Contest beweist vor allem eines: Der Grand Prix ist unberechenbar. “Hard Rock Hallelujah” der finnischen Monsterrocker von Lordi ist zweifellos ein knackiger Song. Ich hatte ja erwartet, dass die ukrainische Shakira gewinnt. Zwar hat auch diesmal die Balkan-Connection sich gegenseitig die Punkte zugeschanzt, aber dass ein für den ESC derart ungewöhnlicher Song haushoch gewinnt und aus allen Regionen der Teilnehmerländer Punkte bekommt, ist fast schon eine Sensation. Dabei haben die Finnen nur konsequent auf die Spitze getrieben, was andere mit ähnlich schrillen Darbietungen, aber eben nur ein bisschen ausgeflippt, versucht haben. Hier sei nur an die trommelnde Oma aus Moldau vom vergangenen Jahr erinnert oder auch an Guildo Horn 1998. Ich sage nun vorraus, und die geneigten Leser dürfen mich gerne daran messen, dass wir im kommenden Jahr eine wahre Inflation an Grusel-Shock-Extrem-Eklig-Laut-Musikern auf der Bühne erleben werden, die das Lordi-Konzept für sich übernehmen – und ich sage weiterhin vorraus, dass dann eine Ballade gewinnen wird.

Und auch diese Prognose tue ich gerne kund: Egal, welches Land im kommenden Jahr gewinnen wird, die Musiker werden nicht aus Deutschland stammen. Wir haben es jetzt mit guten gecasteten Talenten (Max Mutzke), mit schlechten Gecasteten (Gracia), mit erfahrenen Profis (Texas Lightning), mit Spaßvögeln (Stefan Raab) und mit körperlich Benachteiligten versucht (Corinna May) – 12 Punkte bekommt Deutschland nur ganz selten. Manchmal ist das ja schon das Endergebnis…