Brötchen-Jonglage

Diese komischen Regale im Lebensmitteldiscounter für Billigstbrötchen verlangen motorisch durchschnittlich veranlagten Menschen alles ab – die Verlockungen, Brötchen selbst auszuwählen, kaschieren die Bürde, die einem der durchkalkulierte Markt auflegt: Die Chance, eine Schrippe unfallfrei in die eigene Tüte zu befördern, ist verschwindend gering. Brötchenfächer und -zangen sind eine Fehlkonstruktion – und zwei Hände reichen für diesen Zweck leider nicht aus.

Welcher Wahnsinnige hat sich eigentlich das Backwaren-Selbstbedienungsregal für Supermärkte und Discounter ausgedacht? Es ist ein menschen- und brötchenverachtendes System aus Klappen, Riegeln und Zangen, das man überwinden muss, um eigenständig frische Schrippen aus Plexiglasboxen herauszufischen – um dann ein paar Cent zu sparen. Wer es bewerkstelligt, Brötchen fehlerfrei aus den Fächern in die eigene Tüte zu befördern, der hat sich bestimmt automatisch für “die perfekte Minute” qualifiziert. Wer Roggen-Schrippen aus dem Kasten balancieren kann, der schafft es auch, im Fernsehen Pizzakartons auf doofen Pappkegeln auszutarieren oder Schraubenmuttern mithilfe eines wackeligen Drahtes senkrecht übereinander zu stapeln.

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Schnäppchen

Spritpreise sind eigentlich immer zu hoch, ebenso wie der Verbrauch vieler Fahrzeuge, und überhaupt: die Affinität des Durchschnittsmenschen zum fahrbaren Untersatz. Wie auch immer: Gerade vor Ostern war das Niveau der Kraftstoffpreise immer wieder Gesprächsthema – on- und off-air. 1,23 Euro für den Liter Diesel war der am häufigsten gemeldete (aber nicht repräsentative) Preis heute für den Raum Rostock (mit leichten Schwankungen nach unten oder oben).

In Rövershagen, an der B105, so erzählen sich die Autofahrer in Rostock, sind aber Diesel und Super für gewöhnlich fünf bis acht Cent billiger. Immer. Niemand weiß, warum das so ist. Aber so geht die Geschichte. Wenn man also in der Nähe ist, tankt man dort. Ich wäre heute fast in der Nähe gewesen, mein Tank war fast leer, also wollte ich hinfahren. In Bentwisch, also kurz nach Fahrtantritt, habe ich mich aber bereits anders entschieden. Denn: Stockender Verkehr Richtung Osten. Allerdings dürfte das eher mit dem Oster-Anreise-Verkehr gen Fischland-Darß-Zingst und der einen oder anderen Baustelle auf dem Weg dorthin zu tun gehabt haben, als mit einem kaum zu bändigenden Ansturm auf die Zapfsäulen auf dem Lande. Eine Warteschlange von gut 8 Kilometern vor einer vermeintlich billigen Tankstelle wäre wohl auch hier zu ungewöhnlich.

Jedenfalls habe ich im letzten Moment die Kurve gekratzt und bin zum Hansecenter abgebogen. Und siehe da: Heute Nachmittag, so gegen 17 Uhr, gabs dort den Liter Diesel für 1,129 Euro. Ich bin ein Kind des Glücks. Trotz Warteschlange. Aber für so ein Schnäppchen wartet man ja gern…

Warteschlange_Tankstelle
Rückstau an der Tankstelle vom Hanse-Center in Bentwisch. Diesel gabs für derzeit ortsunübliche 1,129 Euro. Super für 1,369 je Liter. Foto: Christian Kohlhof

Der Statistik von clever-tanken.de zufolge ist der heutige bundesweite Durchschnittspreis für alle Kraftstoffsorten höher als an den zurückliegenden sechs Tagen. Die Treibstoff-Unternehmen wie auch der Mineralölwirtschaftsverband rechtfertigen die Preissteigerungen der letzten Wochen im übrigen mit den Auswirkungen der starken Nachfrage nach europäischem Benzin in denUSA und den Auswirkungen von Spekulationen. Preisschwankungen in Deutschland seien direkte Auswirkungen der Entwicklung des Weltmarktpreises für Benzin in Rotterdam.

Markt Super?

In der Gemüseabteilung im Supermarkt hängen entlarvende Preisschilder (wie ich finde).

Viele Supermärkte haben ihre Verkaufsfläche so aufgeteilt, dass sich die Obst- und Gemüseabteilung direkt hinter dem Eingang befindet. Das ist knallhartes Kalkül, kritisieren Verbraucherschützer. Die perfekt ausgeleuchtete Frischewelt mit exotischem Gemüse und ebensolchem Gefrücht soll den Kunden erst einmal ausbremsen. Die Wochenmarktatmosphäre soll entschleunigen, damit man sich Zeit nimmt für das Flanieren zwischen den Regalen – und damit man mehr kauft. Wenns schon am Eingang so aussieht wie auf einem heimeligen Bauernmarkt und alles so unglaublich appetitlich da in den mit Stroh ausgelegten Kisten liegt, dann machen später auch noch das Auswählen eines Haushaltsreinigers und die Entscheidung für eine Dose Kefir mehr Spaß.

Was eigentlich noch fehlt, ist eine rundliche Bauersfrau zwischen den Regalen mit Bäckchen so rot wie die Äpfel und dem denkbar gutmütigsten Blick durch ihre Nickelbrille. So etwas gibts aber nicht in einem Supermarkt – dieser Personaleinsatz würde wohl zu viel Geld kosten. Außerdem: es ist so schwierig, gutes Personal zu finden und überhaupt: Es soll ja nur die Illusion eines Wochenmarktes erzeugt werden, kein Wochenmarkt. Hauptsache, der Kunde kauft möglichst viel – und wenn das Entschleunigen hinterm Entree hilft, dann bittesehr….

So ein Supermarkt ist dann aber eben doch in erster Linie ein auf Profit orientiertes Unternehmen – mit einem multinational optimierten Warenwirtschaftssystem. Und da sind dann die Produktbezeichnungen trotz angestrebter Wochenmarktsillusion offensichtlich unveränderbar vorgegeben. Wie sonst ist es zu erklären, dass man als Besucher eines Super-Wochen-Bauern-Marktes, total ausgebremst und mit sich selbst im Reinen mit Preisschildern wie diesen konfrontiert wird – obwohl man als Getriebener dieser hektischen Gesellschaft sich für ein paar Minuten in  dem Glauben wähnt, jetzt gleich das Frischeste und Leckerste, was Mutter Natur auf dem Anger vor den Toren der Stadt zu bieten hatte, einkaufen zu können, ach was: zu dürfen. Und dann liest man:

BohneBusch

“Bohne Busch” steht auf dem Schild über den grünen Stängeln, eingepackt in Folie Klarsicht  und Schälchen Plastik. Auf der Tafel nebenan wird “Kohl Weiß” angeboten, gleich neben “Salat Feld”, dem Klassiker “Paprika Gemischt” und verlockenden “Pilz Diverse”. Eigentlich erstaunlich, dass nicht auch noch “Rübe Mohr” und “Bete Rot” in den Plastikwannen im Markt Super liegen.  Oder “Erbse Kicher”. Und dann im Kühlregal “Käse Schmier” und “Schnitt Auf”.

Das klingt so verräterisch rationell, so auf den Cent kalkuliert, so profitabel. Bohnen Busch sind eben auch nur einer von tausenden Posten im Sortiment. Ich kann mir nicht helfen, aber auf mich wirkt das alles “unsympathisch unglaublich”.

Das Summe-2-Prinzip

Es ändert sich im Prinzip nichts“, steht fettgedruckt im Anschreiben meines neuen Internet-Providers. Sein Firmenname ergibt, mathematisch interpretiert, die Summe 2, und ich habe ihn mir nicht ausgesucht. Er hat mein bisheriges Tor zum Netz gekauft und dann zum 1. Dezmeber 2009 die Macht an sich gerissen. Wenn Internetdienstanbieter Briefe verschicken, in denen steht, dass “im Prinzip” alles so bleibe, wie es ist, dann kann man wohl schon mal vom Gegenteil ausgehen. Das Drama hat bislang zwei Akte und passt damit ja zum Firmennamen.

Als ich Anfang Dezember wieder mal nach mehreren Tagen nach Hause kam, warf ich arglos den Rechner an und musste feststellen, dass sich im Prinzip nichts geändert hatte: Mails, Surfen und Pingen waren allerdings nicht mehr über meinen Router hinaus möglich. „Das Summe-2-Prinzip“ weiterlesen

Quelle verstopft

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Wie geplündert: Die Internetseite von Quelle gibt unterm Ansturm der Insolvenz-Ausverkaufs-Kunden gerade nicht mehr her.

Heute um 6 Uhr hat der Ausverkauft im Internetshop des insolventen Katalogkaufhauses Quelle begonnen. Es ist in etwa so, wie früher beim Winter- oder Sommerschlussverkauf. Die Fernsehnachrichten zeigten damals Bilder von drängelnden und schubsenden, keifenden und zeternden Kundinnen, die sich um den Korb mit runtergesetzten Trikotagen in Übergrößen balgten. So in etwa sieht es im übertragenen Sinne zur Stunde wohl auch auf dem Server von quelle.de aus. Da geht kaum noch was. Schließlich hat der Insolvenzverwalter ja Rabatte bis 30 Prozent in Aussicht gestellt. Ob es schon jemandem gelungen ist, so lange eine Verbindung zum Intershop-System zu halten, um tatsächlich etwas in den Einkaufswagen zu legen und die Bestellung abzuschicken?
Für mich wäre sowohl das analoge als auch das digitale Gedrängel ja nichts… auch, weil ich dabei immer an den Gemütszustand der Verkäufer denken müsste. Die Kunden, die jahrelang nicht gekommen sind, stürmen sozusagen am letzten Tag den Laden und nehmen alles mit, was nicht festgenagelt ist.
Das habe ich mal in Lübeck miterlebt, am letzten Tag des Elektronikkaufhauses Lehmensiek an der Königstraße. Es war ein Sonnabend, das Geschäft sollte bald schließen, für immer. Am letzten Tag, in den letzten Minuten des Ausverkaufs gab es eigentlich nichts mehr, was man noch hätte kaufen können. In der Mitte des Ladenlokals stand auf dem ausgelatschten Teppich, unter einer teilweise schon abgschalteten Beleuchtung ein Wühltisch mit Drahtumrandung. Darin: Ein paar Kabelreste, abgeschnittene Stecker, eine leere CD-Hülle mit gesplitterter Front und so weiter.
Darum kreisten wie eine Wolke aus Staub und Trümmern um das Auge eines Orkans Kunden mit aschfahlem Gesicht und grauen abgestoßenen Windjacken – und dazu passendem Gesichtsausdruck. Die Geier. In Minutenabständen musste eine Verkäuferin des niedergehenden Traditionshauses über die Lautsprecher den Einzelhandels-Countdown verkünden: “Noch 2 Minuten – jetzt alle Artikel 50 Pfennig”. So wie sie klang, stellt man sich die Stimme eines zum Tode Verurteilten vor. “Noch eine Minute – alle Artikel jetzt nur noch 10 Pfennig.” Trotz dieser sensationellen Offerte blieb der Laden schließlich auf seinen Kabelfetzen sitzen. Die Geier zogen weiter.

Werbeanruf: Weniger Anrufe

Klingeling. 0800er-Nummer.

Ich: “Hier ist Christian Kohlhof.”

Telefon: “Schönen guten Tag, mein Name ist C.Z. Ich rufe im Auftrag der Deutschen Telekom an. Ich möchte bitte Christian Kohlhof sprechen.”

Ich: “Das bin ich.”

Telefon: “Schön, dass ich Sie direkt erreiche. Ich wollte Ihnen nur mitteilen, dass die Deutsche Telekom und T-Mobile nun in der Kundenbetreuung zusammenarbeiten – und dass Sie nun keine unnötigen Werbeanrufe mehr von uns erhalten.”

Ich: “?!?!???”

Telefon: “Das finden Sie doch sicherlich in Ordnung?”

Ich: “Jaa?”

Telefon: “Gut, dann würde ich das jetzt gern noch mal auf Band aufnehmen. Sind Sie damit einverstanden?”

Ich: “Bitte was?”

Telefon: “Um das zu protokollieren.”

Ich: “Ums mal zusammenzufassen: Sie wollen künftig keine unnötigen Anrufe mehr bei ihren Kunden machen… und ausgerechnet deshalb rufen Sie nun an?!?! Wäre es als erster Schritt nicht passender gewesen, einen Brief zu schicken? … Oder es einfach zu tun bzw. sein zu lassen?!?”

Telefon: “Ja, äh. Das hat Kostengründe… und Umweltschutzgründe. Es geht einfach schneller. Das Telefonieren.”

Ich: “Und was wollen Sie jetzt auf Band aufnehmen?”

Telefon: “Ich lese Ihnen die Fragen schon mal vor: 1.) – Ich bin mit der Aufzeichnung einverstanden… da sollten Sie dann ja sagen. Und dann: Ich bin damit einverstanden, dass die Deutsche Telekom und T-Mobile Kundendaten austauschen und mich über Aktionen und Angebote informieren.”

Ich: “?!?!??”

Telefon: “Das machen wir, um uns abzusichern. Aber verstehen Sie, ich handele auch nur nach Vorschrift.”

Ich: “Mit der Aufnahme bin ich nicht einverstanden.”

Telefon: “Dann bedanke ich mich und wünsche Ihnen schon mal einen schönen Feiertag.”

Ich: “Ihnen auch.”

Telefon: Klick.

Ich: “?!!???????????”

Das ist die sinngemäße Wiedergabe eines Anrufs von gerade eben. Werde jetzt mal beim Kundenservice nachfragen, was es damit auf sich hat. Im Pressebereich bei T-Home jedenfalls findet man alles Mögliche – bloß keinen Hinweis auf diese ach so segensreiche Aktion, dass man Kunden anruft um ihnen mitzuteilen, dass man sie künftig nicht mehr anruft – und um sich dann die Bestätigung zu holen, künftig ganz gezielt über Produkte  informieren zu dürfen …

Das erinnert mich überdies an einen Anruf am Sonntag vor wohl zwei Wochen. Gegen 10 Uhr morgens. Man ahnt ja nichts Böses, wenn man da aus dem Bett wankt und ans Telefon geht. “Ja, hier Frau Dingsbums vom Warnowkurier-Vertrieb (Warnowkurier – ein kostenloses Anzeigenblättchen, mit dem Mittwochs und Sonntags Rostocker Briefkästen ungefragt überschwemmt werden – als Hinweis für Leser von Auswärts). Ich wollte mal nachfragen, auch um unsere Zusteller zu kontrollieren, ob bei Ihnen heute schon der aktuelle Warnowkurier steckt.” Mal abgesehen davon, dass man Fachjargon vermeiden sollte, wenn man in Kontakt mit möglichen Kunden tritt, war mir das persönlich um diese Uhrzeit vollkommen egal. “Und deshalb rufen Sie also am frühen Sonntag hier an, ja?” – “Ja, äh, das dient unserer Qualitätskontrolle…” – “Wissen Sie was, ich weiß es nicht. Wo Ihr Warnowkurier steckt. Und ich kann Ihnen da auch nicht helfen.” – Zum Abschluss gabs das übliche Service-und-schönen-Tag-noch-Geschwafel.

Aber die besten Antworten fallen einem ja immer erst ein, wenn das Gespräch schon beendet ist. “Wissen Sie, wo sie sich ihren Warnowkurier und diesen Anruf hinstecken können?” wäre bestimmt lustig gewesen. Aber leider… bin ich für solche Dinge viel zu höflich… Noch jedenfalls. Mit jedem weiteren Aurf dieser Art schrumpft die Hürde, bis sie einfach überrannt wird.

Grabesstimmung

Grableuchte als Partybeleuchtung – Fehler im Onlinekatalog

Das erwartet man jedenfalls nicht: Wenn man im Onlinekatalog für Leuchten und Lampen blättert, dass man dann bei den Neoneffekten als einziges Produkt eine batteriebetriebene Grableuchte angeboten bekommt… und dass die dann auch noch in der Kategorie “Partybeleuchtung” zu finden ist.

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Beim großen Elektronikladen mit C gibts Artikel auch für ganz besondere Partys. Screenshot: Christian Kohlhof

Spontankäufe

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Wenn man schon so einen großen Einkaufswagen zur Verfügung gestellt bekommt... Foto: Christian Kohlhof

War ja klar: “Nur schnell ne Vase kaufen… wir sind gleich wieder raus.” Von wegen. Wir sind durchs gelb-blaue Möbelhaus gerannt wie Super-Mario, der sämtliche Extras einsammelt und haben  uns mit Bettwäsche, Rosen, Kleiderbügeln und anderen wie zufällig herumliegenden Gimmicks eingedeckt. Ja, und auch an die Vase haben wir dann trotz der großen Menge an spontanen Kaufentscheidungen noch gedacht.

Blatt auf Reisen

rotorblatt_auf_reisen

Damit muss man in Mecklenburg-Vorpommern eigentlich immer rechnen: Hier und da schiebt sich ein Schwertransport mit Rotorblättern durch die Gegend. In diesem Fall ist an der Autobahnabfahrt Rostock-Südstadt vom Schwerlast-Wagen, der den riesigen Flügel trägt, gar nichts mehr zu sehen, weil er hinter einem Erdhügel verschwunden ist. So scheint das Bauteil für eine neue Windkraftanlage fast wie zufälig in der Gegend herumzuliegen. Für den Schwertransport war die Auffahrt für ein paar Minuten gesperrt, bis sich drei dieser Transporter durch die für sie viel zu enge Zufahrt manövriert hatten. Aber man wartet ja gern, wenns der Wirtschaft hilft.