Schlafen verboten

Um noch einmal auf diese Nessun-Dorma-Geschichte zu sprechen zu kommen. Dabei handelt es sich ja um ein ebenso gewaltiges wie dramatisches Stückchen Musik. Das ganze ist Teil der Oper Turandot von Puccini. Und es geht darum, dass in Peking schlafen verboten ist. Das wir da nämlich einfach so von oben angeordnet, weil ein Großereignis bevorsteht. Da fallen einem natürlich Parallelen zur tagesaktuellen Agenda bevorstehender Großveranstaltungen ein. Auch jetzt gelten in Peking ganz besondere Regeln, um nicht zu sagen: Noch mehr besondere Regeln als ohnehin schon.

Kurz vor Beginn der Olympischen Spiele in Peking am 8. August hat China vielen Firmen in und um Peking einen Produktionsstopp auferlegt. Davon sind in- und ausländische Betriebe betroffen, einige haben nun aber wohl doch noch eine Ausnahmegenehmigung erhalten. Außerdem gelten Fahrverbote. Und Algen sind auch verboten. Ziel: Saubere Luft bzw. schiffbares Wasser für die Athleten. Das klingt putzig, ist es aber nur auf den ersten Blick und verlangt der Bevölkerung zusätzliche Einschränkungen ab. Mit den Freiheiten in China ist es oft nicht weit her.

Das kennen Kulturbeflissene hierzulande auch aus Theatern und Opernhäusern – alle anderen lesen das zum Beispiel bei wikipedia. Also: Höchste Dramatik auf der Bühne. Es gibt da einen Prinzen Kalaf, der das Rätsel der Prinzessin Turandot gelöst hat. Das bedeutet für ih: Jackpot: Er darf sie heiraten – aber sie will nicht. Deshalb gewährt er ihr einen letzten Ausweg: Sie kennt nämlich den Namen des Prinzen nicht, wenn sie ihn jedoch bis zum nächsten Morgen herausfindet, dann verzichtet er großzügig auf die Ehe mit der feinen Dame.

Das lässt sich diese nicht noch mal sagen und erlässt kühn einen Befehl, dass jeder in Peking (dem Schauplatz dieser seltsamen Liebesgeschichte) bitteschön nach dem Namen des Prinzen suchen soll. Und wehe, sie erwischt einen beim Pennen, dann werde sie schon dafür sorgen, dass derjenige nie wieder aufwacht. Diese Todesaussicht spornt die Menschen in Peking zu einem Wachbleiben-Marathon an – den Namen findet allerdings trotzdem niemand heraus. Kalaf küsst Turandot nach eiigem aufwühlendem Hin und Her -und siehe da: Dieser Kuss überzeugt dann auch die Prizessin – und plötzlich ist sie doch verliebt und alles wird gut.

Auch Kalaf singt in der bekannten Arie, dass niemand schlafen dürfe (“nessun dorma”) – ist sich aber triumphierend sicher, dass sowieso keiner darauf kommt, wer er wirklich ist – und dass er deshalb siegen wird (“Vincerò”).

Vielleicht sollte die chinesische Führung sich öfter mal küssen – dann ginge es dort eventuell etwas entspannter zu und nicht bloß wirtschaftlich bergauf.

Autor: Christian

Der Verfasser aller Beiträge auf kohlhof.de