Geschichtsexkursion

Flugblatt: Werbung für Ausflüge nach Warnemünde 1985

Ein Ausflug nach Warnemünde – etwas Selbstverständliches, egal aus welchem Landesteil man kommt. Eben habe ich beim Stöbern in alten Unterlagen diese Kopie eines Flugblatts gefunden, das mir mein Onkel Jens mal geschickt hat, als ich vor neun Jahren in den Osten zog. Werbung für Tagesausflüge nach Rostock per Schiff aus dem Jahr 1985. “Ohne zusätzliche Visakosten, kein Mindesumtausch” verspricht Werbefigur Käpt’n Brass den Besuchern aus dem Westen. Der Zettel wurde von der Flensburger Reederei Seetouristik und der Bundesbahndirektion Hamburg veröffentlicht.

Jeden Freitag im Sommer dampferte die Baltic Star um 9 Uhr los in Travemünde, war um 12 Uhr in Warnemünde und legte dort um 18:30Uhr wieder ab.

Die Fahrt über die Ostsee vom Westen in den Osten mit der MS Baltic Star verspricht drei verschiedene Tages-Touren durch Mecklenburg.

1.) Einen Bummel mit Reiseleitung durch Rostocks “Fußgängerbereich”, die Kröpeliner Straße, zur mächtigen Marienkirche und zum Kaffeegedeck ins Hotel Neptun

2.) Ein Ausflug nach Heiligendamm, wo man die Eindrücke der Fahrt ebenfalls bei einem Kaffeegedeck “(im Preis inbegriffen)” wirken lassen sollte, um sich dann in Bad Doberan das hochgotische Münster anzuschauen.

3.) Ein Ausflug zum Zoo wird als Geheimtip für Clubs, Vereine ab 40 Personen angepriesen. In derJägerhütte am Zoo sollte es dann zur Sache gehen: “Zünftige Begrüßung mit Bier und Korn. Als rustikale Spezialitäten werden serviert ‘Rostocker geschossene Heidesuppe’, ofenwarmes Gewürzbrot, kalter Wildbraten und pikanter Krautsalat.” Außerdem wird noch in Aussicht gestellt, dass Wirt und Mitarbeiter zum Jagdhorn greifen (ob sie auch spielen würden, geht aus dem Text nicht hervor…).

Die andere Hälfte des Prospekts nehmen dann die Reisehinweise ein: Ein gültiger Reisepass war erforderlich, DDr-Währung durfte weder ein- noch ausgeführt werden, “DM und andere frei konvertierbare Währungen (Dollars, Kronen)” hingegen schon. Geschenke im Wert von bis zu 200 Mark der DDR waren ebenfalls erlaubt. “Tonbänder, Kassetten, Fernsehgeräte, Funk- und Sendeanlagen, Zeitungen, Zeitschriften, Briefmarken, Kataloge sowie Schuss- und andere Waffen etc.” durften die Tagestouristen nicht mit in den Osten bringen.

Dafür durften sie fast alles fotografieren, “jedoch keine Bahnhöfe, Hafen- und Militäranlagen”.

Vielleicht wurden damit ja schon die Grundlagen geschaffen für Rostocks Bedeutung als Kreuzfahrthafen … Obwohl in diesem Zusammenhang wohl teilweise noch Aufklärungsarbeit nötig ist. So berichteten mir schon manchmal Kommilitonen, die Kreuzfahrtgäste zum Beispiel aus den Vereinigten Staaten betreuten, dass diese sich auch 15 Jahre nach der Wende noch weigerten, in Warnemünde an Land zu gehen: “I don’t want to put my feet on communist ground!”

Die politische Bildung an Bord von Luxuslinern lässt zuweilen wohl zu wünschen übrig…

Autor: Christian

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