Kratzbild-Belastung

Ach, wie schön: Ein Kratzbild

Kratzbilder sind der neueste heiße Scheiß in der jüngeren Zielgruppe. Das ist mein Learning des vorigen Abends. Auch ich konnte der Faszination der schwarz bedampften Blätter mit bunt schillerndem Untergrund nicht entgehen und habe zum Spatel gegriffen und buntes Wirrwarr sozusagen freigelegt.

Alles muss seine Ordnung haben

Stundenlanger Krätze-Spaß ist garantiert. Das steht mal fest. Vor allem etwa Achtjährige sind echt gut darin. Am Ende des Tages – und gut 50 Kratzbilder später – blieb ein Haufen Abrieb übrig, der vom Umfang her an den verkohlten Rest eines ehemals stolzen Kaminfeuers oder an das Ende einer sommerlichen Grillparty erinnert. Es ist also nur eine Frage der Zeit, bis irgendjemand einen wesentlichen Aspekt unserer Zeit in den Zusammenhang mit Kratzbildern stellen wird: Die Belastung mit Feinstaub.

Wahrscheinlich gibts für Kratzbilder bald ne Abwrackprämie.

Noch können Kratzbilder gefertigt werden, ohne dass man Sanktionen fürchten muss.

Invasion der Halbkugeln

Zur Zeit gibt es hier im Norden eine Invasion von Marienkäfern. Millionen kleine rot-schwarze Halbkugeln krabbeln an Stränden, Promenaden und auf Büschen, Badegästen und Sonnenschirmen entlang. Ein Phänomen, das sich angeblich vor allem auf den Küstenstrich beschränken soll. Angeblich. Soeben entdeckte ich im fensterlosen(!) Badezimmer in Schwerin am Waschbecken auch einen Marienkäfer. Wohl nur ein Späher. Wer weiß, wie’s hier in ein par Stunden aussieht. Ich meine, eben auch so ein unheilvolles Brummen am Horizont vernommen zu haben…

Einsatz vor Warnemünde

Wie schon angedeutet, durfte ich ein Manöver der Bundespolizei mit Einheiten aus Polen, Finnland und Russland beobachten. Bei der Übung auf der Ostsee vor Warnemünde ging es darum, einen Frachter zu entern, auf dem so genannte illegale Einwanderer die Besatzung überwältigt hatten. An der Übung im Rahmen der “Baltic Sea Region Border Control Cooperation” nahmen die Kaper-1 aus Polen, die Minsk aus Russland, die Tursas aus Finnland und die Neustrelitz aus Deutschland teil. Außerdem wurden Einsatzgruppen per Hubschrauber auf dem “gekaperten” Frachter abgesetzt. Berichte davon heute früh im Radio, und zwar bei ndr1 Radio MV und auf Bayern 2. Die Bilder dazu in der folgenden kleinen Galerie:
[mygal=polizeimanoever_juni07]
Es war ein beeindruckender Einsatz von Technik, der da vor Warnemünde über die Bühne ging. Besonders imponierend: Die Helikopter im Tiefflug über dem Szenario. Die Übrung war Abschluss einer Tagung von 60 Grenzschützern aus der EU, der Türkei, aus Russland und Kroatien. Dabei ging es darum, wie die Außengrenzen der EU auf See noch sicherer gemacht werden können und wie illegale Einwanderung, also das Schleusen von Menschen, verhindert werden könnte.
Der Kampf gegen Schleuser- und Schmugglerbanden sei nötig, weil sie die Not der Flüchtlinge ausnutzen würden, sagte Peter Altmaier, Staatssekretär beim Bundesminister des Innern. Die Flüchtlinge würden in oft veralteten Booten oder irgendwo im Laderaum von Schiffen versteckt lebensgefährlichen Situationen ausgesetzt. Dies gelte es zu verhindern. Gleichzeitig müsse sich die EU bemühen, mit einigen afrikanischen Staaten Abkommen zu schließen, um die illegale Migration (also ohne Papiere, Visa und Arbeitserlaubnis) einzudämmen. Dazu könnte künftig mit einigen europäischen Staaten vereinbart werden, dass sie Migranten aufnehmen, um den eigenen Mangel an Arbeitskräften zu mildern.
Die Übung vor Rostock fand weit ab vom Mittelpunkt der Flüchtlingsströme ab. Vor allem die Küsten der europäischen Mittelmeerländer sind immer wieder Schauplatz für dramatische Szenen, in denen erschöpfte Flüchtlinge aus Afrika an Land gehen oder von der Küstenwache aufgegriffen werden. Viele Flüchtlinge überleben die strapaziöse Reise in schrottreifen Schiffen nach Angaben von Hilfsorganisationen nicht.
Die deutschen Ostsee- und Nordseehäfen spielen aber bei Schleuserkriminalität keine übergeordnete Rolle. Die Zahl der entdeckten Fälle ist nach Angaben der Bundespolizie mit 300 bis 400 pro Jahr sehr gering.
Im Mittelmeer findet rund um Malt gerade ein ähnlicher Einsatz statt. Auch dort ist eine international besetzte Polizeiflotte gegen Schleuserbanden im Einsatz – das ist allerdings keine Übung, das ist Ernst.

Kaschengel!

Was für ein herrliches Wort: Kaschengel! Lautmalerei aus der bunten Welt der Comics. Wenn etwas richtig Großes lustig mit etwas anderem zusammenrasselt, dann kann man in den Bildergeschichten auch mal “Kaschengel” daneben schreiben.
Ich komme gerade von einem Polizei-Manöver vor Warnemünde mit Schiffen aus vier Ländern. Die Kollegen im Studio empfingen mich mit den Worten: “Bloß gut, dass da nicht so etwas passiert ist wie neulich den Jungs im Uno-Einsatz.”… und zeigten mir dieses Video: Kaschengel!!!!

Navy Boats Collide At Full Speed – Watch more free videos
Zwei deutsche Schnellboote sind vor der Küste des Libanon kollidiert: Frettchen und Gepard. Und das alles gefilmt sowohl von einer begleitenden Fregatte, als auch von einem der Schnellboote aus. Die Schiffe sind in Warnemünde stationiert. Verletzt wurde beim Kaschengeln laut Bundeswehr niemand. Aber die Boote waren erheblich demoliert, wie hier nachzulesen und auch zu sehen ist.

Wie unhöflich

Bin gestern gut 60 Kilometer Rad gefahren, um nicht mit dem Auto in irgendwelchen Blockaden stecken zu bleiben. Hin und her auf den Feldern. Spannung. Hektik, Ungewissheit, Entspannung. Wahnsinn, was hier los ist. Dann heute die Schlauchboot-Aktion, das sind ja auch gigantische Bilder gewesen. Jetzt gleich das große Konzert mit Grönemeyer, Bono, Seeed und anderen. Na ja. Und dann war da noch die OZ, die am Tag der Gipfel-Anreise wenig schmeichelhaft diese beiden Meldungen auf ihrer Internetseite kombinierte:
Screenshot Ostseezeitung

Kaum kommen die G8-Leute, schon ändert sich der Vieh-Bestand, oder wie?

(Dank an einen treuen Leser für den Screenshot von der OZ-Homepage)

Krawalle schockieren Rostock

Gewalttätige Demonstranten haben sich in Rostock Straßenschlachten mit der Polizei geliefert. Am Rande der Großkundgebung gegen den G8-Gipfel gab es Schlägereien, Autos wurden als Barrikaden benutzt und angezündet. 304 Polizisten wurden verletzt. Rostock ist geschockt über die verheerenden Krawalle im Stadthafen. Unser Ü-Wagen stand ebenfalls dort, am Rande des Geschehens. Das war ein schlimmer Tag.
Das bedeutete Arbeiten im Akkord – viele friedliche Demonstranten waren auch wütend auf den so genannten Schwarzen Block, der mit einem Angriff auf ein Polizeiauto die Krawalle begonnen hatte.
Erst Wasserwerfer und mehrere Hundertschaften konnten nach stundenlangen Prügeleien die Lage in der Innenstadt wieder unter Kontrolle bringen.
Noch immer läuft der Großeinsatz der Polizei, noch immer sind zahlreiche kleine Gruppen von gewaltbereiten und/oder angetrunkenen Demonstranten in der Stadt unterwegs. Die Polizei führt Ausweiskontrollen durch.
Viel Zeit zu berichten habe ich nicht. Während meiner Reportereinsätze habe ich diese Bilder gemacht:
Rauchsäule überm Rostocker Stadthafen bei Krawallen

Rauchsäule über dem Stadthafen. Gewalttätige Demonstranten haben Autos angezündet und Barrikaden errichtet und später die Feuerwehr am Löschen gehindert.

Sanitätszelte vor dem Amtsgericht

In den provisorischen Krankenstationen wurden zahlreiche Verletzte versorgt. Die Rettungskräfte hatten unter anderem vor dem Amtsgericht Sanitätszelte aufgeschlagen.

Polizeieinsatz auf dem Doberaner Platz

Bis in die Nacht hinein gab es Polizeieinsätze in der Innenstadt wie hier mit einem Großaufgebot am Doberaner Platz.

Vor der Großdemo

So sah es in Rostock noch nie aus: Am Tag vor der Großdemonstration gegen den G8-Gipfel igelt sich die Stadt ein. Trotz aller Beteuerungen der Organisatoren und auch der Polizei, dass am Sonnabend allem Anschein nach friedlich gegen die Art und Weise der Globalisierung protestiert werden wird, haben Geschäftsleute ihre Schaufenster vernagelt und viel Anwohner ihre Autos aus der Stadt gebracht.
Ob wirklich 100.000 Menschen kommen, scheint fraglich. Beim Auftakt-Konzert der Protestbewegung gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm waren nach Berichten von Kollegen am frühen Abend höchstens 50 Mensch zum Veranstaltungsbereich im Stadthafen gekommen, um das Konzert einer Berliner Rockband zu hören.
Morgen kommen mehrere Sonderzüge mit G8-Kritikern nach Rostock, mindestens 300 Busse werden erwartet. Mehrere zehntausend Menschen, mehrere tausend Polizisten, Busse, Einsatzwagen, Demonstrationsmärsche – in Rostock wird am Sonnabend gar nichts mehr gehen. Wie viele andere auch habe ich mein Auto außerhalb der Stadt bei einer Kollegin untergestellt. Ich hoffe ja sehr, dass ich im Nachhinein sagen werde, dass das übertrieben war. Ich werde morgen mit dem Fahrrad im Dauereinsatz sein.
Ich bin am Abend vor der Großdemo nochmal durch die Fußgängerzone Kröpeliner Straße gegangen und habe eine neue Podcast-Ausgabe aufgenommen, die unten zu finden ist.
Und ich habe Fotos gemacht. Da:
Freie Parkplätze vor dem Haus

Normalerweise ist hier nicht ein Platz für ein weiteres Auto. Ein Blick von meinem Balkon beweist: Zahlreiche Nachbarn haben ihre Wagen heute zur Sicherheit woanders abgestellt.

Leere Schaufenster in der Kröpeliner Straße

Schaufenster ausgeräumt – Einige Läden haben ihre Auslagen außer Sichtweite genommen.

Schaufenster werden vor der G8-Demo verrammelt

Die meisten Läden an der Fußgängerzone haben sich aber entschlossen, gleich ganz dicht zu machen. Bis in den Abend hinein…

Kröpeliner Straße Rostock: Arbeiter verrammeln Schaufenster

… haben Handwerker vor Schaufenstern und Eingangstüren Sperrholzplatten angebracht.

Polizei in Wartestellung

Grün in Grün: Die Polizei ist fast überall. Ein Paar Streifenwagen parken im Rosengarten. Die Beamten spielen Karten.

Warteschlange bei Minimal

Auch einige Supermärkte öffnen am Sonnabend in Rostock nicht. Im Laden um die Ecke war am Freitag bis 21:30 Uhr geöffnet. Am frühen Abend gab es lange Warteschlangen an allen Kassen.