Aufgebohrt

Wo findet man heutzutage noch gute Handwerker? Man muss manchmal bestimmt lange suchen. Der Bodensatz des deutschen Handwerks jedenfalls bohrt bzw. stemmt gerade mit Inbrunst in der Wohnung über meinem Kopf diverse Löcher in Wände, Böden und was weiß ich denn. Ich durfte eben einen Eindruck davon gewinnen, was einer der Gründe sein dürfte, warum es dem Handwerk so schlecht geht. Dieser spezielle Grund hat rote Haare, ein verstaubtes Basecap auf dem Kopf und kniet im Dreck. Es war 14 Uhr, als dieser junge Mann mit seinem dröhnenden Tagwerk begann – in einem Hochhaus aus Beton, in dem sich jedes Bohrgeräusch ausbreitet wie ein Tsunami. „Aufgebohrt“ weiterlesen

Vergriesgnaddelt

Hören Sie mir auf mit Schrauben, Nägeln und Dübeln! Echt mal! Mit diesen Dingern stehe ich auf Kriegsfuß, und zwar schon immer. Das ging schon beim Metallbaukasten los. Das Hubschrauber-Modell zusammenschrauben? Kein Problem – nur die letzte Schraube vergriesgnaddelt sich in der Mutter. Wenig später: Gardinenstangen befestigen? Läuft super – bis auf den letzten Dübel. Genau an der Stelle, wo jener sich in die Wand krallen soll, ist das Mauerwerk darart porös, dass die Bohrmaschine ein Loch reißt, in dem man zu Ostern ganze Eierkartons verstecken kann. Zwei Nägel für den Kalender in die Wand treiben? Nummer eins steckt kerzengerade in der Trockenbauwand, Nummer 2 trifft genau auf einen der wenigen Metallträger im Hintergrund. So gesehen muss ich wohl dankbar sein, dass ich noch nie eine Wasser-, Strom oder Gasleitung getroffen habe.

Möbel zusammenbauen? Die letzte Innenschraube ist irgendwie schief oder greift nicht ins Sperrholz. Im Computer neue Hardware einbauen? Das Gewinde der letzten Schraube für die Festplattenhalterung hat garantiert ne Macke. Christian Kohlhof und Schrauben, das scheint nicht zusammenzupassen. Beeindruckend ist dabei die traumwandlerische Sicherheit, mit der ich mir seit Jahrzehnten die Problem-Schraube, den Kummer-Nagel oder den Sorgen-Dübel bis zuletzt aufspare. Heute wieder: Es ging darum, bei der Demonatge eines Dachgepäckkträgers acht Schrauben zu lössen, mit denen der Aufbau am Fahrzeug befestigt war. Schraube eins bis sieben ließen sich ganz einfach lösen und verschwanden unbeschwert klimpernd im Plastiktütchen. Bei Schraube acht musste ich leider feststellen, dass der sechseckige Schlitz für den Spezialschraubendreher derart vergriesgnaddelt ist, dass sich der Metallstift nicht einen Mikrometer bewegen lässt. Es ist zum Aus-der-Haut-Fahren, zum Wild-ums-Auto-Laufen, zum Wüste-Flüche-Ausstoßen, zum Mit-Werkzeug-um-sich-Schmeißen.

Jetzt muss ich mich also in den Baumarkt begeben und nach einer Lösung fragen. Und wenn ich dort diese flimmernden Mini-Fernseher vorfinde, die für igrendwelche sensationellen Schrauben-Innovationen werben, die kinderleicht und mühelos zu verwenden sein sollen, dann werde ich einen nach dem anderen eintreten, mit dem schwersten Hammer, den ich im Gang für Werzeuge finden kann, darauf einschlagen und schließlich Salz draufstreuen, damit diese Dinger nie wieder einen Pieps von sich geben werden. Sofern ich mehrere Werbefernseher dieser Art zu bearbeiten habe, wird nach den Regeln der Wahrscheinlichkeit beim letzten irgendetwas schiefgehen. Wenn Sie also morgen in der Zeitung lesen “Irrer Baumarktkunde bleibt mit Fuß in Fernseher stecken und setzt Einkaufszentrum in Brand” – dann war ich das. Mann, meine Stimmung ist genau so wie die letzte Schraube: Total vergriesgnaddelt.