Leck im Dach

Kuck an, wie doch die Zeit vergeht. Es ist schon zwei Jahre her, dass die Renovierungsarbeiten an dem Haus, in dem ich wohne, begonnen haben. Selbstverständlich sind die längst beendet, die Wäremdämmung rundherum ist auch ein Segen – ein neu eingebautes Dachfenster macht aber immer noch Sorgen. Oder ist es doch irgendeine Isolierungsfolie, die irgendwer irgendwann falsch verlegt hat? Jedenfalls: Die Handwerker sind wieder da. Das ist schön und war so zunächst mal wieder nicht zu erwarten. Denn die bisherige Hausverwaltung wollte gar nicht glauben, dass es in meinem Küchendach ein Leck gibt. Als es im Dezember anfing zu tröpfeln, schrieb ich dem guten Mann vom Verwaltungsbüro eine Mail.

Als Antwort auf die Nachricht vom tropfenden Dach bekam ich den Ratschlag, mir im Büro zu den üblichen Öffnungszeiten Hinweise über richtiges Heizen und Lüften abzuholen, da es sich nur um Kondenswasser handeln könne, was da aus der Decke in meine Küche rinnt. Das war eine bemerkenswerte Analyse, ohne die Leckage in Augenschein genommen zu haben. Tatsächlich überrascht eine Antwort wie diese auch nicht, schließlich fiel das Verwaltungsbüro bislang vor allem dadurch auf, dass es Briefe an die Mieter verschickte, die nicht unterschrieben waren. Stattdessen las man dort den Hinweis, dass das Schriftstück maschinell erstellt worden sei und deshalb keine Unterschrift trage.

Da stellt man sich selbstverständlich sofort die apokalyptische Menge an Briefverkehr vor, die in einer Hausverwaltung täglich anfällt. Vor allem aber auch die gigantische Druckerei, in der Nebenkostenabrechnungen und Fernanalysen über Dachleckagen im Akkord gedruckt, gefaltet, eingetütet, versiegelt und auch noch versendet werden. Was für ein gigantisches Unternehmen muss das sein. Beeindruckend, nicht wahr? Ja. Und die viele Arbeit, die man als Verwalter sonst noch so hat, jedenfalls so viel, dass man nicht mal genug Zeit hat, Briefe zu unterschreiben. Man muss ja schon die ganze Zeit am Schreibtisch sitzen und Ferndiagnosen stellen. Dafür hat der gute Mann nun noch ein bisschen mehr Zeit. Dieses Haus jedenfalls wird seit Anfang des Jahres von einem anderen Unternehmen betreut.

Vielleicht ist das auch der Grund, dass in der vergangenen Woche doch mal der Bauleiter Küche, Leck und Stockflecken in Augenschein nahm. Seine Diagnose: Da sammelt sich Kondenswasser, allerdings irgendwo in der Isolierung – und deshalb muss nun also genau gesucht werden, wo denn der Fehler zwischen Dach und Küche liegt.

Was heute früh um kurz nach 7:30 Uhr mit einem sozusagen chirurgischen Schnitt in eine Rigipsplatte begonnen hat, hat inzwischen die Ausmaße einer fachgerechten Amputation. Mit einer Hand-Kreissäge hat der freundliche Mann vom Bauunternehmen lange Streifen aus der Rigipsdecke herausgeschnitten auf der Suche nach dem Leck. Irgendwo an einem der Holzbalken oder an der Naht entlang der Außenwand muss das Loch in der Isolation doch zu finden sein.

Ein Ende ist bislang nicht abzusehen, aber der Mann vom Bau hat schon mal geflucht, wie ärgerlich es doch sei, die “Scheiße von anderen Leuten ausbessern” zu müssen. Ich versuche, die Laune mit frischem Kaffee aufrecht zu erhalten. Inzwischen staune ich wieder über die Menge feinsten Gips-Staubes, die zwangsläufig entsteht, wenn die Scheiße von anderen Leuten augebessert werden muss. Bis 16:15 Uhr, zum Feierabend, soll das Problem gelöst sein. Mir ist jetzt schon klar, dass ein weiterer Termin nötig sein wird. Schließlich muss ja auch noch ein Maler die Narben in der Decke wieder kaschieren.

Disclaimer: Damit keine Missverständnisse aufkommen: Ich bin froh, dass der Mann da ist und sich so gewissenhaft auf die Suche nach dem Leck macht.