Ich habs genau geprüft. Heute früh um 5:30 habe ich im DB-Navigator zum ersten Mal gecheckt, wie denn die Chancen sind, heute früh mit dem Zug von Hannover nach Schwerin zu kommen. Sagen wir es so: Es sah unverdächtig aus.
Ich habe mich auf den Weg zum Hauptbahnhof gemacht. Und noch immer in der Fahrplanauskunft: Kein Hinweis auf Verspätungen oder gar Schlimmeres. Allerdings im dritten Buchungsschritt dann doch ein kleines Hinweisschildchen:
“Der Zug verkehren zwischen Karlsruhe nach Frankfurt(Main)Hbf.” Nun gut, Da fährt der fragliche IC sowieso nicht lang, er startet in Kassel Wilhelmshöhe. Man überlegt also kurz, ob man dem Frieden trauen kann, wirft alle Bedenken über Bord und kauft ein Ticket, geht hoch zum Bahnsteig und triff dort: einen “Bahnsteigkoordinator”. Er hat sogar eine grüne Leuchtweste an, auf der dieses Wort steht.
Über ihm hängt die Infotafel – und dort wiederum steht leuchtend weiß auf Samtblau der Satz des Tages: “Zug fällt aus”.
Aber der Koordinator hat einen Tipp: Schnell rüber zu Gleis 3 und in den Regionalzug von Metronom einsteigen, nach Uelzen fahren und dort in einen weiteren Metronom nach Hamburg umsteigen. Guter Tipp. Findet aber nicht jeder:
Die Frau in der etwas zu engen Steppjacke, die dem Bahnsteigkoordinator in Hannover sagt, dass sie nicht die Ersatzverbindung nehmen will, weil sie da ja umsteigen müsste. Am Morgen nach dem Sturm haben noch nicht alle den Blick fürs Wesentliche… #Friederike#Orkan#Bahn
Hier fängt alles an – und hört alles auf, was mit Ersatzbussen zu tun hat.
Schienenersatzverkehr. Dieses Wort macht manchen Menschen Angst. Zwischen Bad Kleinen und Schwerin muss man als Bahnpendler seit gestern damit leben. Die Angst ist unbegründet – wenngleich es im Detail ja immer was zu verbessern gibt.
Die Bahn baut im großen Stil zwischen Schwerin und Bad Kleinen. Das bedeutet: Seit gestern, 8. Januar bis 14. April fahren keine Züge mehr von Rostock bis nach Schwerin und zwischen Wismar und Schwerin. Die Bahn setzt für drei Monate bzw. 97 Tage Busse ein. Die sind systembedingt länger unterwegs. Das alles kann man nachlesen im 40 Seiten starken Infoheft.
Für Bahnkunden, die zwischen Rostock und Schwerin unterwegs sind, gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder sie fahren mit Direktbussen ohne Zwischenstopp – oder fahren mit dem Regionalzug bis Bad Kleinen und steigen dann in Busse nach Schwerin um. Die Regionalzüge halten natürlich auch in den Bahnhöfen dazwischen – und sie fahren bis Mitte April stündlich (statt alle zwei Stunden). Zwischen Wismar und Schwerin gibt es keine Züge bis Mitte April, dort fahren Busse. Intercitys fahren von Hamburg nur bis Schwerin, weiter gehts nur mit Regionalzügen bzw. mit deren Ersatzbussen.
Ersatzausblick im Ersatzbus
Das alles ist nötig, weil die Bahn zwischen Bad Kleinen und Schwerin ein neues elektronisches Stellwerk baut. Darum müssen dort auch Gleise, Weichen, Oberleitungen und Sicherungstechnik ersetzt werden. Außerdem will die Bahn ein Moor bezwingen, indem sie hunderte Betonpfähle zig Meter tief in den Grund rammt. Das soll das Gleisbett stabilisieren. Ein kniffliges Projekt. Aber was soll schon schiefgehen? Mit Torflinsen unter wesentlichen Verkehrswegen hat Mecklenburg-Vorpommern ja eigentlich nur gute Erfahrungen… hüstel.
Wie auch immer: Das alles ist derart aufwändig, dass Züge dabei nur stören würden. Schon in den Monaten davor ging es am künftigen Stellwerk in Lübstorf nur auf einem Gleis vorbei. Parallel läuft ja auch der Umbau der Station Bad Kleinen. Der Bahnsteig für Gleis 1 und 2 ist fast fertig. Diese Baustelle war auch schon des Öfteren Grund für Streckensperrungen – und damit sind Pendler an Ersatzbusse und frühere Abfahrtzeiten gewöhnt. Diese Ersatzregelungen haben – abgesehen von den unangenehmen längeren Fahrtzeiten – aber immer gut funktioniert.
Großbaustelle in Bad Kleinen
Das ist auch jetzt so. Gestern bin ich mit einem Direktbus von Rostock nach Schwerin gefahren – und pünktlich angekommen. Aber schon bei der ersten Tour vermisst man die Bahn, denn selbst wenn der Bus teilweise über die Autobahn fährt, er benötigt einfach länger. Da helfen dann auch bequeme Reisebusse nur wenig. Gestern Morgen an der Bushaltestelle am Südausgang des Rostocker Hauptbahnhofes waren die Kunden aber weitgehend auf sich allein gestellt. Servicepersonal der Bahn konnte ich jedenfalls nicht entdecken. Ganz anders gestern am frühen Nachmittag in Schwerin: Vorm Hauptbahnhof standen zwei Mitarbeiter, die schnell und unkompliziert erklären konnten, welcher der vier Busse in welche Richtung fährt.
Bahn frei… für Bagger zwischen Bad Kleinen und Schwerin.
Heute habe ich dann mal die Variante mit Umsteigen in Bad Kleinen gewählt. Auch das funktioniert. Derzeit halten die Züge noch am noch nicht umgebauten Bahnsteig. Treppauf und treppab geht es dann zu den Bussen. Voraussichtlich im Februar soll dann der neue Bahnsteig genutzt werden, dann ist das Umsteigen auch barrierefrei. Aber auch in Bad Kleinen gilt: Sofern es Service-Mitarbeiter der Bahn gibt, sie geben sich nicht zu erkennen. Zudem habe ich in den vergangenen Tagen vor der Streckensperrung keinerlei Durchsagen in den Zügen wahrgenommen, dass ab 8. Januar vieles anders sein würde. Auch jetzt in den Zügen: Keinerlei extra Durchsagen, wie man den Weg zu den Bussen findet. Vielleicht ist das tatsächlich nicht notwendig, weil sich alle Passagiere das Infoheft durchgelesen haben. Allerdings waren die Servie-Leute am Hauptbahnhof in Schwerin gefragte Gesprächspartner.
Fazit: Der Schienenersatzverkehr funktioniert zwischen Rostock und Schwerin. Die längere Fahrtzeit für über drei Monate ist ätzend, aber nicht zu ändern. Die beste Nachricht ist: Die Kalkulation zur Anzahl der Busplätze geht auf, jedenfalls habe ich es noch nicht erlebt, dass es nicht genügend Sitzplätze gab. Trotzdem: In 96 Tagen isses hoffentlich vorbei mit dem Schienenersatzverkehr.
Funfact: Als vor einer halben Ewigkeit die Bahnstrecke von Schwerin nach Gadebusch gebaut wurde, gab es mal Pläne, diese Linie bis nach Schönberg zu verlängern. Das wäre dann die direkte Verbindung zwischen Schwerin und Lübeck gewesen. Es gab jede Menge Gründe, warum das nie geklappt hat. Gäbe es diese direkte Linie (sie hätte einen Weltkrieg und die Deutsche Teilung überdauern müssen), dann wären Pendler zwischen West und Ost jetzt nicht von den Bauarbeiten betroffen. Da man aber nur über Bad Kleinen von Lübeck nach Schwerin mit der Bahn kommt, müssen auch diese Pendler nun in Busse umsteigen.
Spezialservice für Pendler: Alle Direktbusse werktags zwischen Rostock und Schwerin. Die Abfahrtzeiten aller Direktbusse:
Ein Regenvormittag in Warnemünde – wenn der Ort wie ausgebremst wirkt.
Man nennt so etwas Regenband: Auf dem Regenradar ein malerischer blauer Streifen mit violetten Tupfen, der sich von Süd nach Nord brutal gemächlich übers Land wälzt. Wenn man darunter steht und die Tropfen auf einen niederprasseln, empfindet man das nicht als ganz so faszinierend – immerhin bietet das die Gelegenheit für ein paar Sommerfotos, Sommerfotos 2017… von einem schauerigen Vormittag in Warnemünde.
Natürlich sieht es lustig aus: Ein Mann redet mit einer Frau – und die verdreht genervt die Augen. Bestimmt, weil er so ein dämliches Zeugs zusammenlabert ohne Hand und Fuß. Mag sein, dass genau dies auch der Zusammenhang ist bei diesem Gesprächsfetzen mit Wladimir Putin und Angela Merkel, den unter anderem die Welt in ihrem Instagramfeed zeigt.
“Ihre Augen!” prustet die Bildunterschrift – und die Kommentare greifen das gern auf: Man hätte selbst genau so reagiert, wenn man mit Herrn Putin hätte reden müssen, heißt es da zum Beispiel. Vorverurteilung frei von Sachkenntnis. Klar: Es besteht die Möglichkeit, dass Putin in diesem Moment tatsächlich Dünnpfiff von sich gibt, so dass man als Kanzlerin auch im größten G20-Sitzungstrubel mal kurz die Geduld verliert und hilfesuchend gen Himmel blickt und “Herr, schmeiß Hirn vom Himmel” flehen möchte.
Es weiß nur keiner, ob dies tatsächlich der Auslöser für den Blick zur Hallendecke war… Vielleicht erzählt Russlands Staatschef von irgendeiner Knalltüte, deren Verhalten die Kanzlerin schon lange genug miterleben musste – oder Putin redet vom leidigen Gipfelproblemen, unfähigen Sherpas oder von Trump, Erdogan, diesem Nordkorea-Kim, Horst Seehofer.
Vielleicht beginnt Putin auch eine Aufzählung – den Zeigefinger hat er ja schon gereckt, und Merkel glaubt, nach oben schauen zu müssen und erkennt dann – genervt von sich selbst – den irrwitzigen eigenen Irrtum beim Deuten seiner Handbewegung.
Ob die da Russisch sprechen, will in den Kommentaren einer wissen. Klar. Merkel spricht Russisch, tippt ein anderer. Allerdings: Putin soll ja auch ganz gut Deutsch sprechen.
Keiner kennt die Hintergründe, alle reden mit. Ein winziges Beispiel aus der bunten Welt – der uferlosen Hype-Industrie.