#Homeofficependeln: Der Start ist das Ziel

Ich fahre jetzt wieder zur Arbeit, jeden Tag. Hin und zurück. Jeden Morgen und jeden Abend hin und zurück.

Die Idee kam mir im Schneematsch. Die kleine Radfahrt bot kein Vergnügen, das Wetter war schlicht zu beschissen. Ich wendete auf der Stelle und fuhr zurück zur Homebase. Am Ende zeigte die Sportuhr: Das waren genau zehn Kilometer, bei gut 30 Minuten. Und dann gab es diesen Geistesblitz: Das mache ich jetzt jeden Morgen – und jeden Abend. Egal, wie gut das Wetter wird.

Schließlich bin ich vor Beginn dieser unsäglichen Pandemie jeden Tag einen Teil der Strecke ins Funkhaus mit dem Rad gefahren. Warum nicht jetzt auch? Nur nicht zum Funkhaus, sondern einfach so 5 Kilometer hin und dann 5 Kilometer zurück.

Und das ist ein sensationelles Gefühl – Auftakt und Abschluss für jeden einzelnen meiner unvorhersehbar laufenden Arbeitstage.

Ein Teil der Strecke führt über Rostocks neue Fahrradstraße, von der schon gut ein Kilometer fertig ist. Nett: Die Lampen an der Radbahn schalten sich Abschnitt für Abschnitt ein, wenn man auf sie zuradelt. Barnstorfer Wald, Zoo, an der Gartenstadt entlang ins Gewerbegebiet – und nach fast exakt 5 Kilometern eine geschmeidige Kehre an einer Straßeneinmündung – und schnell wieder zurück.

Mir hat der Weg zur Arbeit gefehlt – irgendwie. Klar, mir fehlt auch die Arbeit im Epizentrum, aber ich gehe gern ins Homeoffice. Klar, weil das auch bequem ist, aber vor allem, um auch Kontakte zu reduzieren. Mir ist das wichtig.

Es gibt aber auch ein Problem, wie mir heute bei der Fahrt in den Feierabend bewusst wurde: Ich bringe mir immer zu viel Arbeit mit nach Hause.

Im Ersatzbus

Ersatzverkehr-Schild vorm Schweriner Hauptbahnhof
Hier fängt alles an – und hört alles auf, was mit Ersatzbussen zu tun hat.

Schienenersatzverkehr. Dieses Wort macht manchen Menschen Angst. Zwischen Bad Kleinen und Schwerin muss man als Bahnpendler seit gestern damit leben. Die Angst ist unbegründet – wenngleich es im Detail ja immer was zu verbessern gibt.

Die Bahn baut im großen Stil zwischen Schwerin und Bad Kleinen. Das bedeutet: Seit gestern, 8. Januar bis 14. April fahren keine Züge mehr von Rostock bis nach Schwerin und zwischen Wismar und Schwerin. Die Bahn setzt für drei Monate bzw. 97 Tage Busse ein. Die sind systembedingt länger unterwegs. Das alles kann man nachlesen im 40 Seiten starken Infoheft.

Für Bahnkunden, die zwischen Rostock und Schwerin unterwegs sind, gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder sie fahren mit Direktbussen ohne Zwischenstopp – oder fahren mit dem Regionalzug bis Bad Kleinen und steigen dann in Busse nach Schwerin um. Die Regionalzüge halten natürlich auch in den Bahnhöfen dazwischen – und sie fahren bis Mitte April stündlich (statt alle zwei Stunden). Zwischen Wismar und Schwerin gibt es keine Züge bis Mitte April, dort fahren Busse. Intercitys fahren von Hamburg nur bis Schwerin, weiter gehts nur mit Regionalzügen bzw. mit deren Ersatzbussen.

Die verschlossenen Türen eines Omnibusses von innen.
Ersatzausblick im Ersatzbus

Das alles ist nötig, weil die Bahn zwischen Bad Kleinen und Schwerin ein neues elektronisches Stellwerk baut. Darum müssen dort auch Gleise, Weichen, Oberleitungen und Sicherungstechnik ersetzt werden. Außerdem will die Bahn ein Moor bezwingen, indem sie hunderte Betonpfähle zig Meter tief in den Grund rammt. Das soll das Gleisbett stabilisieren. Ein kniffliges Projekt. Aber was soll schon schiefgehen? Mit Torflinsen unter wesentlichen Verkehrswegen hat Mecklenburg-Vorpommern ja eigentlich nur gute Erfahrungen… hüstel.

Wie auch immer: Das alles ist derart aufwändig, dass Züge dabei nur stören würden. Schon in den Monaten davor ging es am künftigen Stellwerk in Lübstorf nur auf einem Gleis vorbei. Parallel läuft ja auch der Umbau der Station Bad Kleinen. Der Bahnsteig für Gleis 1 und 2 ist fast fertig. Diese Baustelle war auch schon des Öfteren Grund für Streckensperrungen – und damit sind Pendler an Ersatzbusse und frühere Abfahrtzeiten gewöhnt. Diese Ersatzregelungen haben – abgesehen von den unangenehmen längeren Fahrtzeiten – aber immer gut funktioniert.

Baugeräte und Baustelle am Bahnhof Bad Kleinen
Großbaustelle in Bad Kleinen

Das ist auch jetzt so. Gestern bin ich mit einem Direktbus von Rostock nach Schwerin gefahren – und pünktlich angekommen. Aber schon bei der ersten Tour vermisst man die Bahn, denn selbst wenn der Bus teilweise über die Autobahn fährt, er benötigt einfach länger. Da helfen dann auch bequeme Reisebusse nur wenig. Gestern Morgen an der Bushaltestelle am Südausgang des Rostocker Hauptbahnhofes waren die Kunden aber weitgehend auf sich allein gestellt. Servicepersonal der Bahn konnte ich jedenfalls nicht entdecken. Ganz anders gestern am frühen Nachmittag in Schwerin: Vorm Hauptbahnhof standen zwei Mitarbeiter, die schnell und unkompliziert erklären konnten, welcher der vier Busse in welche Richtung fährt.

Gelbe und orangene Baufahrzeuge stehen neben einem neu verlegten Eisenbahngleis.
Bahn frei… für Bagger zwischen Bad Kleinen und Schwerin.

Heute habe ich dann mal die Variante mit Umsteigen in Bad Kleinen gewählt. Auch das funktioniert. Derzeit halten die Züge noch am noch nicht umgebauten Bahnsteig. Treppauf und treppab geht es dann zu den Bussen. Voraussichtlich im Februar soll dann der neue Bahnsteig genutzt werden, dann ist das Umsteigen auch barrierefrei. Aber auch in Bad Kleinen gilt: Sofern es Service-Mitarbeiter der Bahn gibt, sie geben sich nicht zu erkennen. Zudem habe ich in den vergangenen Tagen vor der Streckensperrung keinerlei Durchsagen in den Zügen wahrgenommen, dass ab 8. Januar vieles anders sein würde. Auch jetzt in den Zügen: Keinerlei extra Durchsagen, wie man den Weg zu den Bussen findet. Vielleicht ist das tatsächlich nicht notwendig, weil sich alle Passagiere das Infoheft durchgelesen haben. Allerdings waren die Servie-Leute am Hauptbahnhof in Schwerin gefragte Gesprächspartner.

Fazit: Der Schienenersatzverkehr funktioniert zwischen Rostock und Schwerin. Die längere Fahrtzeit für über drei Monate ist ätzend, aber nicht zu ändern. Die beste Nachricht ist: Die Kalkulation zur Anzahl der Busplätze geht auf, jedenfalls habe ich es noch nicht erlebt, dass es nicht genügend Sitzplätze gab. Trotzdem: In 96 Tagen isses hoffentlich vorbei mit dem Schienenersatzverkehr.

Funfact: Als vor einer halben Ewigkeit die Bahnstrecke von Schwerin nach Gadebusch gebaut wurde, gab es mal Pläne, diese Linie bis nach Schönberg zu verlängern. Das wäre dann die direkte Verbindung zwischen Schwerin und Lübeck gewesen. Es gab jede Menge Gründe, warum das nie geklappt hat. Gäbe es diese direkte Linie (sie hätte einen Weltkrieg und die Deutsche Teilung überdauern müssen), dann wären Pendler zwischen West und Ost jetzt nicht von den Bauarbeiten betroffen. Da man aber nur über Bad Kleinen von Lübeck nach Schwerin mit der Bahn kommt, müssen auch diese Pendler nun in Busse umsteigen.

Spezialservice für Pendler: Alle Direktbusse werktags zwischen Rostock und Schwerin. Die Abfahrtzeiten aller Direktbusse:

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