Humorlose Feuerwehr

Heute ist es Zeit für einen Rückblick in die Lokalpresse. Vor ein paar Wochen las ich in der Zeitung eine Meldung, die ich meiner treuen Leserschaft wiederum nicht vorenthalten möchte – hier aber nur sinngemäß wiedergeben kann.

Der an und für sich stinklangweilige Text behandelte den zweifellos wichtigen aber keineswegs spannenden Verlauf der Gemeindevertretersitzung eines kleinen Städtchens ein paar Kilometer weiter östlich. Der Artikel trug in etwa die Überschrift “Darüber konnte die freiwillige Feuerwehr gar nicht lachen”. Und so eine Schlagzeile macht natürlich neugierig. Ich quälte mich also tapfer durch 80 verwaltungstechnisch und verfahrensrechtlich dominierte Zeitungszeilen, um schließlich zum Kern der Geschichte vorzustoßen.

Da sei den Kameraden übel mitgespielt worden, heißt es ebenso mitleidsvoll wie einleitend in dem entscheidenden Abschnitt des Berichts. Die Kameraden, das sind die Jungs und Mädels von der freiwilligen Wehr. Die hatten auf dem Höhepunkt der Vogelgrippenhysterie nahezu minütlich damit gerechnet, dass H5N1 bei ihnen in der Nachbarschaft einfällt. Überwachungsgebiet war der Ort ja schon. Immer wieder hatten zudem auch Einwohner – ganz normale Menschen, sollte man meinen – den einsetzenden Vogelzug am Himmel gemustert. Mit skeptischem Blick – und in manchen trüben Augen konnte man die Frage förmlich ablesen, die jedem im Kopf herumspukte, die aber niemand auszusprechen wagte: “Wäre es nicht besser, das Federvieh mit dem Flammenwerfer vom Himmel zu holen, bevor sie die Seuche in jeden Winkel des Landes tragen?”

Kurz, die Stimmung war aufgeheizt, Alarmpläne waren geschrieben, ein Krisenstab auf Kreisebene auf das Schlimmste vorbereitet. Und dann dieser Anruf eines Abends: Aufgeregt, hektisch, laut, kaum zu verstehen: “Auf der Hauptstraße liegt ein toter Vogel” Gebrüllt statt geschrien, wahrscheinlich auch angsterfüllt.

Man wird sich die Situation im Spritzenhaus vorstellen können. Hektisch hechten die ehrenamtlichen Blauröcke zu ihren Schutzanzügen, Kommandos hallen durch die Garage, der Wehrführer gibt sich betont gelassen. Atemschutzgerät wird geschultert, Motoren heulen auf. Mit quietschenden Reifen rollt der alte Feuerwehr-W80 aus anderen Zeiten vom Hof Richtung Hauptstraße. Die Männer hocken im Führerhaus, schweigend, die schlechte Straße schüttelt die Kameraden durch fast so wie die Würfel im Becher. Sie blicken sich schweigend an. Was wird sie am Einsatzort erwarten? Kadaver, Federn überall, Gedärm auf dem Asphalt, panische Anwohner, schreiende Kinder – und werden alle Mann diesen Einsatz überleben, funktionieren die Atemschutzmasken, sind die Schutzanzüge wirklich sicher. Was sagen wir bloß der Presse, den Fernsehteams, wenn was schief läuft. Und vor allem: ist es die Seuche?

Keine Zeit, auf alles noch so schnell Antworten zu finden. Der Wagen bremst schon, im Geist geht der Wehrführer noch einmal den so oft geübten Ernstfall durch. Der Löschwagen stoppt scharf, die Hydraulik zischt, die Vorderachse geht unter der Wucht der Bremsenergie ächzend in die Knie, der Motor heult auf. Dann kurz Ruhe, blaue Lichtblitze zucken durch die Winternacht. Die Männer rücken näher an die Windschutzscheibe heran, bevor sie aussteigen, sich herauswagen. Mit zusammengekniffenen Augen blinzeln sie in die Nacht. Und was liegt da vorn im fahlen Kegel der Scheinwerfer? Eine Tiefkühlente aus dem Supermarkt!

Versteh ich gar nicht, warum die Feuerwehrleute über diesen gelungenen Scherz nicht lachen konnten.

Autor: Christian

Der Verfasser aller Beiträge auf kohlhof.de

2 Gedanken zu „Humorlose Feuerwehr“

  1. Also die Männer bzw. Frauen oder Frauen bzw. Männer der freiwilligen Feuerwehr machen das, wie der Name schon sagt alle freiwillig, und welch ein Glück, dass es sie gibt, a b e r , zum Lachen ist das für die echt nicht, nein, das ist alles todernst und sie müssen auch die Uniform beim Aufstellen des Maibaums immer anhaben und beim Lieder spielen auf dem Friedhof muss mitunter der feuerfeste Helm getragen werden, also was meinst du jetzt genau mit humorloser Feuerwehr, Mann, das kommt alles von oben, von der Satzung oder so, nein, zum Lachen ist das nicht … nicht für die FeuerwehrlerInnen …

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