Die Gesellschafts-Convention „re:publica“ ist wie ein lebender Algorithmus: Die Plattform ist dieselbe, aber jeder erlebt sie anders, sozusagen in einer eigenen Interessen-Bubble. Drei Tage Programm bei etwa einem Dutzend Bühnen, Workshops, Diskussionsrunden und Vorträgen – oft im Halbstundentakt. Für jeden Besucher verläuft die rp anders, je nach eigenen Vorlieben und dem Programm, das man sich zusammenstellt. Ab und zu trifft man sich bei den großen Terminen, die gehen dann sozusagen viral.
Dabei geht es einerseits um digitale Verantwortung, Teilhabe und Zukunft, den Zustand und den Schutz der Demokratie und der offenen Gesellschaft und wie man deren Feinden entgegentritt, um Identitäten, um Ideen oder Interventionen. In den Panels zum Themenkomplex Medien spielte an vielen Stellen der Nutzen und die Einsatzmöglichkeiten von künstlicher Intelligenz eine wesentliche Rolle – ihre Grenzen, ihre Chancen. die Verantwortung der Redaktionen. Spannende Publikumsdiskussion: Welche Inhalte sollten künftig gekennzeichnet werden? Die automatisch erstellten – oder die von Menschenhirn erdachten und geschriebenen Texte. Man muss das so genau differenzieren – „von Menschenhirn erdacht und geschrieben“ – denn eines wurde auch deutlich: Die KI ist derzeit zwar schon beeindruckend wortgewandt, bildgewandt und oder tongewandt – aber nur, wenn man ihr ganz genau sagt, was sie tun und lassen soll.
Das übergeordnete Thema dieser re:publica war „Cash“ – mit vielen Aspekten von der gerechten Bezahlung bis zur Verantwortung, die Geld mit sich bringt. Aber wie das mit einem Algorithmus so ist: In meiner Bubble spielte dieses übergreifende Thema jedenfalls keine große Rolle.
Und dann ist da ja noch Twitter – und wie wir alle dabei zusehen, wie es allmählich zugrunde geht, seitdem Elon Musk es für viel Geld gekauft und mit bemerkenswerten Entscheidungen irgendwie aus dem Game zu nehmen scheint. Bei all den Veranstaltungen zum Thema schwang auch der Eindruck mit, dass alle, aber wirklich alle sich besser mit Twitter auszukennen glauben als der, dem die Plattform jetzt gehört. Und darum sind alle sauer, dass der schwerreiche Ahnungslose nun das Spielzeug wegnimmt. Ist ja auch so. Immerhin waren das mit die unterhaltsamsten Sessions auf der rp23.
Dennis Horn und Gavin Karlmeier haben diesem Phänomen gar einen eigenen Podcast gewidmet. Haken dran ist wohl das Beste, was man aus dem Twitterdesaster rausholen kann. Die beiden haben für die rp die spektakulärsten Moves von Musk als Jeopardy-Runde aufgezogen. Sehr unterhaltsam.
Dazu dann noch die Analyse von Data Scientist Luca Hammer. Sozusagen das hintergründige Warmup zum Thema. Die Folien zum Vortrag gibt es hier:
Was kommt nach Twitter? Natürlich war das Fediverse und damit auch Activitypub Thema. Ein unabhängiges Konvolut an sozialen Netzwerken, die sich sogar untereinander verstehen – und auch für WordPress gibt es schon ein Plugin. Das probiere ich hier gleich mal mit aus. Mal sehen, was nun alles passiert – ich muss mich erst mal selbst damit vertraut machen.