Tropenfrucht vermisst

Es ist ein wenig unheimlich: Ich bin mir ziemlich sicher, nein, sogar sehr sicher, dass ich eine Banane bei mir hatte, als ich am Mittwoch gegen 5:30 Uhr aus dem Haus zur Arbeit eilte. Nur: Das Obst ist verschwunden, ohne dass ich es gegessen habe. Es ist weg. Schon als ich am Ü-Wagen ankam, der an jenem Morgen am Rostocker Zoo auf mich wartete, um eine Eisbärin in Empfang zu nehmen, habe ich sie zum ersten Mal vermisst. Ich tastete noch im Gehen mit gespreizten Fingern sämtlichen Taschen meiner Jacke ab, aber eine Tropenfrucht konnte ich dabei schon nicht mehr erfühlen.

“Werde ich sie wohl zu Hause vergessen haben”, dachte ich noch so bei mir. Gleich nach meiner Rückkehr warf ich einen Blick auf den Obstkorb in der Küche: Äpfel, Mandarinen, Orangen, aber keine einzige Banane. “Hah, dann wohl doch auf dem Regal im Flur”, sagte ich zu mir selbst. Doch auch auf dem Gestell nahe der Wohnungstür keine Spur vom vermissten Früchtchen.

“Ich werde sie doch wohl nicht in einem der vielen Fächer meines Rucksacks…”, begann ich in vorwurfsvollem Ton, ohne den Satz zu vollenden. Aber nein, weder im Dokumenten-Fach, in der Computer-Tasche, auch nicht im Zusatzfach noch in der Schlüssel-Tasche fand sich Obst. Kein Apfel, keine Kirschen und vor allem – das frustrierte mich zusehends – auch keine Banane.

Weil nicht sein kann, was nicht sein darf, versuchte ich die Selbstzweifel zu ignorieren und ging noch mal zum Auto. Man liest ja schließlich immer wieder von Bananen, die unter Autositze rutschen. Aber auch energisches Vor- und  Zurückschieben von Autositzen brachte mich nicht weiter.

Die Banane bleibt verschwunden. Nun frage ich mich, wo sie jetzt wohl sein könnte. Naja, vielleicht bringt mich ja ihr Geruch in zwei, drei Woche auf ihre Spur. Ich glaube, ich werde alt.

Der ESC soll gerechter werden

“Balkan-Connection, befreundete Länder schanzen sich die Punkte zu, gute Musik hat keine Chance – und wir bezahlen dieses Theater auch noch.” Der Eurovision Song Contest (ESC) ist bei den Fans in Deutschland in den vergangenen Jahren etwas in Verruf geraten. Sie hatten den Eindruck, dass sich befreundete Länder immer, und unabhängig von der Qualität musikalischer Darbietungen, die Punkte schenken und dadurch andere Länder wie zum Beispiel Deutschland keine Chance auf die vorderen Plätze hatten. Kritik dieser Art gab es auch in anderen Ländern. Zwar verweisen Fachleute solche Mutmaßungen ins Reich der Mythen, trotzdem soll sich ab diesem Jahr und mit der Endrunde in Belgrad was ändern beim guten alten Grand Prix.

Jedenfalls hat die European Broadcasting Union (EBU) die Regeln für den ESC ans moderne Europa angepasst, wie es EBU-Generalsekretär Svante Stockselius in einem Interview auf den Grand-Prix Seiten des NDR erläutert: “Das neue Europa verlangt das ganz offensichtlich: Es ist eben nicht wie früher, als die Geschichte des ESC begann.”

Nichts ist mehr so, wie es mal war, sondern nunmehr eine “Mischung aus Bestimmung und Zufall”. Ergebnis einer langen Analyse der Punktevergabe der vergangenen Jahre ist jedenfalls ein kompliziertes System. Die EBU hat mehrere Töpfe gebildet. Darin sind die Länder zusammengefassst, von denen man annimmt, dass sie sich mit hohen Punktzahlen gegenseitig begünstigen und so genannte Nachbarschaftswertungen abgeben.

So sind in Topf 1 Albanien, Bosnien & Herzegowina, Kroatien, Mazedonien, Montenegro sowie Slowenien zusammengefasst, in Topf 5 Armenien, Weißrussland, Georgien, Israel, Moldau, Russland und die Ukraine. Diese insgesamt sechs Töpfe sind wichtig fürs Halbfinale, oder besser: Für die beiden Halbfinale. Weil es in diesem Jahr 43 Teilnehmer sind, finden aus Zeitrgünden diesmal zwei Vorrunden statt. Aus jedem Topf wurden nun jeweils die Hälfte der Länder in die erste Halbfinalausgabe gelost, der Rest in die zweite.

Bei den beiden Vorrunden dürfen zudem nur die Zuschauer abstimmen, deren Länder teilnehmen. Auf diese Weise soll die Wahrscheinlichkeit verringert werden, dass Nachbarschaftswertungen, fernab von jeglichen ästhetischen bzw. musikalischen Kriterien dem Abstimmungsergebnis einen faden Beigeschmack verleihen. Ganz ausschließen lässt sich das aber auch mit der neuen Regel nicht.

Aus diesem Grund wird diesmal deshalb auch eine Jury die Lieder beurteilen. Ein Lied aus jedem Semifinale, das die Experten zwar gut finden, welches aber von den Zuschauern nicht gewählt wurde, kann dann trotzdem mit Hilfe dieses Jokers ins Finale rutschen.

Das klingt kompliziert und fast so kompliziert wie die Reform der EU und ihrer Institutionen, aber es geht ja schließlich auch um Europa. Ob der ESC tatsächlich gerechter* wird, kann man dann am späten Abend des 24. Mai entscheiden, wenn die letzten 12 Punkte vergeben sein werden.

*Ja, ich weiß, gerecht kann man nicht steigern. Ich mache es trotzdem