Mit dem Museumszug Richtung Insel

Mitten in Nordfriesland passiert täglich Eisenbahngeschichte: Arglos sitzt man in einem Kurswagen, was an sich schon selten genug ist – und dann kommt auch noch ein Heizwagen dazu.

Eine Fahrt nach Amrum kann ein echtes Abenteuer sein – wenn man auf das Auto verzichtet und mit dem Zug anreist. Das hat gut geklappt, wir waren pünktlich am Schiffsanleger – planmäßiger Betreiberwechsel, historischer Heizwagen und Kurswagen-Rangiererei inklusive. Und das auch noch mit Fahrrädern.

Wer eine Bahn-Fahrkarte nach Dagebüll bucht, um dort aufs Schiff zu steigen, kauft unter Umständen arglos ein Eisenbahn-Improvisations-Erlebnis. Das wird einem erst bewusst, wenn man mitten drin steckt. Und das geht so: Wer die DB-Navigator-App der Deutschen Bahn nach einer Fernverbindung nach Dagebüll fragt, bekommt freimütig ein Bouquet an Angeboten. Zum Beispiel den Intercity 2216 mit Halt in Dagebüll, direkt an der Mole. Streng genommen ist der Intercity 2216 aber nur der Wurmfortsatz von etwas viel Größerem, vom IC 2214 nach Westerland auf Sylt. Die ersten drei Wagen dieses elf Waggons umfassenden Zuges sind Kurswagen – so etwas gibt es nur noch in dieser Verbindung. Die ersten drei Wagen werden in Niebüll vom Rest des Zuges abgekoppelt, umrangiert und dann nach Dagebüll zur Mole gebracht.

Das allein wäre schon spannend. In Niebüll passiert noch mehr. Mitten in Nordfriesland übernimmt die Norddeutsche Eisenbahn Niebüll GmbH neg den Intercity 2216 – und das ist ja: ein Zug ohne Lok. Die besondere Herausforderung: Die neg hat nicht genug passende Lokomotiven für Züge wie diesen. Und hier kommt schließlich das Improvisations-Erlebnis: Die neg hat ein paar Triebwagen älteren Datums, die haben immerhin einen Motor. Aber: Die alten Regional-Zossen haben für die dicken fetten Intercity-Wagen nicht genug Power für Licht, Klima und was weiß ich denn noch). Darum hat die neg ein paar ausgemusterte uralte ehemalige Reisezugwagen zu Heizwagen umgebaut. Vereinfacht gesagt: Das ist nun ein Stromgenerator auf Schienen.

Die Fahrt mit dem Zug an die Nordsee bietet auch Zeitreise-Aspekte, was das rollende Material angeht.

Das alles hintereinander gehängt (IC-Wagen, Heizwagen, uralte Regio-Triebwagen) sieht aus wie eine zusammengewürfelte Fahrt von Eisenbahnschrott auf dem Weg zur vorerst letzten Ruhestätte am Eisenbahnfriedhof Mukran, ist aber ein Ferien-Reise-Standard-Angebot. Und damit dabei nichts schief geht, gibts in Niebüll wegen des Betreiberwechsels auch einen Personalwechsel. Während draußen am Bahnsteig Männer in ölverschmierten orangenen Arbeitsanzügen Wagen abkuppeln und Triebwagen rumpelnd herandröhnen, hört man drinnen charmante Durchsagen: „Wenn Sie das hier hören, dann sind Sie auf dem Weg nach Dagebüll. Wenn Sie da nicht hinwollen, sondern lieber nach Westerland, dann steigen Sie jetzt aus und steigen im anderen Teil dieses Zuges wieder ein.“ Wenig später rollen die Kurswagen im Schritttempo doch ein paar Meter weiter gen Sylt, aber nur, bis sie über eine Weiche hinaus sind, über die sie dann zurück zum zweiten Bahnhof der nordfriesischen Metropole geschoben werden – gut, technisch ist das ein Wechsel von einer Straßenseite auf die andere, aber Niebüll hat nun mal zwei Bahnhöfe: Einer gehört zur DB, der andere zur neg. Dort halten die Kurswagen dann wieder, die Fahrgäste der neg steigen auch noch ein – und dann gehts weiter Richtung Fährhafen.

Im DB-Navigator, also im Online-Ticket, ist zu diesem Schauspiel nichts zu erfahren. Man muss es wohl selbst erlebt haben. Das alles geht auch nur so lange gut, wie der Intercity des Weltkonzerns Deutsche Bahn in der planmäßigen Wagenreihung in Niebüll ankommt. Wenn das nicht der Fall ist, hängen die Kurswagen unerreichbar für die historische Eisenbahntechnik am falschen Ende des Schnellzuges – und dann ist Umsteigen vom einen Bahnhof zum anderen angesagt. Allerdings scheint das Personal der neg mit allen Wassern gewaschen zu sein – jedenfalls haben sie uns auf dem Rückweg ebenso freundlich wie nachdrücklich um diese Klippe herumgeschifft.

Schicke Echtzeit-Datenaufbereitung von Zügen und Zugbewegungen in Deutschland: bahn.expert

Das alles finden durchschnittliche Bahnreisende sicherlich nicht so spannend wie ich – und die Tatsache, dass Sie bis zu diesem Absatz gelesen haben, spricht wohl dafür, dass Ihnen die Bahn und all ihre Mysterien samt ihrer Vorzüge nicht ganz egal sind. Jedenfalls bleibt bei einer Zeitreise wie dieser auch noch genug Zeit zum Wikipedieren. Und so stellt sich heraus, dass diese Kurswagen die letzten und einzigen sind, die es im deutschen Bahnnetz im Personen-Verkehr noch gibt. Ein paar Nachtzüge haben Kurswagen, einige ICEs teilen sich auf und fahren dann in unterschiedliche Richtungen weiter (aber sie fahren aus eigener Kraft, weil einfach zwei Garnituren hintereinander hingen) – aber so ein Kurswagen? Früher, also bevor das große Kaputtsparen der ehemaligen Bundesbahn begann, waren Kurswagen Alltag. Interessant wäre in diesem Zusammenhang, ob es eine Erhebung gibt, wie oft Menschen im falschen Teil des Zuges saßen. Denn: Wer will schon nach Sylt, wenn er auch nach Amrum kann?

Funfact: Wenn Sie sich neues Fahrradgepäck kaufen, sprechen Sie sich mit Ihrer Begleitung besser genau ab, um unterschiedliche Dinge zu erstehen. Ansonsten werden Sie noch für eines von diesen Partnerlook-Duos gehalten, für die Sie ja eigentlich nur Spott übrig haben. Nun ja.

Heute vor einem Jahr: Straßenbahnunfall in Rostock

Die Schäden an der Straßenbahn machen die Wucht des Aufpralls deutlich.

Dies ist ein Text aus dem kohlhof.de-Archiv. Die Zeitbezüge wurden nicht angepasst.

Es war der pure Zufall. Geplant war ein kurzer Mittagsspaziergang rund um den Homeofficeblock. Ein Polizeibus sperrte da gerade den Goetheplatz in Rostock stadtauswärts ab. Jenseits der Bahnhofsbrücke flackerten gefühlt hunderte Blaulichter. Reporterneugier ließ mich besonders schnell schneller werden. Wenige Augenblicke später fand ich mich inmitten der Hektik nach einem großen Unfall wieder. Auf Höhe Platz der Freundschaft waren zwei Straßenbahnen zusammengestoßen. Die nächsten sechs Stunden verbrachte ich damit, online, bei NDR 1 Radio MV und im Nordmagazin über den Einsatz der Rettungskräfte, die Lage an der Unfallstelle und schließlich die Aufräumarbeiten zu berichten.

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Brücken-Highlight

Schicke Brücke. Kleiner Feierabend-Umweg über den Ostorfer See.

Beleuchtetes Brückengeländer mit grauen und orangen Streben vor nachschwarzem Himmel.
Der Umweg in den Feierabend bot soeben ein illuminiertes Highlight. Die schicke Brücke über den Ostorfer See in Schwerin ist auch im Dunkeln ein Hingucker.

High Five, Baum! Oklahoma. Der Ted-Lasso-Soundtrack

Ted Lasso ist die wohl unterhaltsamste Comedyserie mit Tiefgang der vergangenen ein, zwei Jahre. Bislang gibt es zwei Staffeln, eine dritte Season ist angekündigt, wohl schon gedreht und könnte noch dieses Jahr bei Apple TV erscheinen. Ein Starttermin scheint aber noch nicht bekannt zu sein.

Im Kern geht es zunächst um den nahezu unerschütterlich optimistischen US-Football-Coach Ted Lasso (Jason Sudeikis), der ohne es zu ahnen Teil einer Intrige wird. Clubchefin Rebecca vom englischen Profi-Fußball-Club AFC Richmond engagiert Lasso und seinen Cotrainer. Ihre Hoffnung: Weil Ted Lasso nicht mal einen müden Funken Ahnung von Fußball hat, wird er den Verein so richtig schön gegen die Wand fahren und in der Bedeutungslosigkeit versenken. Und das wäre dann Rebeccas Rache an ihrem untreuen Ehemann, der sie verlassen hat und den Club als sein Lebenswerk betrachtet. Hier gehts zum Wikipediaartikel zur Serie.

Womit Clubchefin Rebecca nicht gerechnet hat: Ted Lasso (Schnauzbart, Pullover, Familienvater, aber getrennt-allein, Aversion gegen Tee) ist der zuversichtlichste, empathischste, fröhlichste, schlagfertigste, umgänglichste Mensch unter der Sonne. Mit seinem Cotrainer Beard übernimmt er die Herzen im Verein im Sturm. Auch, weil Ted Lasso täglich Shortbread backt und seiner Chefin auf den Schreibtisch stellt. Wortspiele, Situationskomik, Anspielungen auf andere Serien, Bücher, Popkultur und sogar Karlson vom Dach (“für meine Fans aus den 50ern”) machen die bislang 22 Folgen in zwei Staffeln zu einem Feuerwerk an Sprache, Bildern, Charakteren, Emotionen. Weil die Serie in London spielt, ist auch der Soundtrack ein besonders ansprechender.

Im Laufe der zwei Staffeln wächst das Team zusammen, die Intrige spielt keine Rolle mehr, aber jeder Charakter entwickelt sich weiter, teilweise dramatisch. Dennoch gelingt es der Serie, immer unterhaltsam zu bleiben, erheiternd, oft auch bewegend. Das könnte unter anderem auch an der Musik liegen.

Bei Spotify habe ich eine Playlist angelegt.

Die Playlist zu den Staffeln 1 und 2 von Ted Lasso.

Die Titelauswahl für die Serie hat Marcus Mumford betreut, seine Band Mumford & Sons taucht darin auch auf. Zudem hat er einige Zwischenmusiken produziert, die meisten davon sind nicht in dieser Playlist enthalten. Dafür gibt es ein eigenes Album und eine weitere, absolut komplette Playlist.

Lampen von unten

Mein neuer Instagram-Kanal: Lampen von unten gesehen. Helle Momente mit Blick ins Licht

Da geht einem ein Licht auf: lampenvonunten auf Instagram

Es ist ja eigentlich immer alles eine Frage der Perspektive. Vor vielen Monden saß ich in einem Lokal und wandte den Blick aus nicht mehr zu ermittelnden Gründen himmelwärts. Über unseren Köpfen hing das:

Blick in einen orange schimmernden Lampenschirm, der aus mehreren Kreisen oranger Glastropfen besteht, die von der Glühlampen angeleuchtet werden und darum gelb-orange strahlen.
Deckenlampe wie ein Feuerwerk.

Eine Art oranges Feuerwerk – in dem drei Glühlampen große Glastropfen ringsum in feurigwarmes Licht tauchten.

Das war die Antwort auf eine Frage, die bislang wohl kaum jemand gestellt hat: Wie sehen eigentlich Lampen von unten aus? Man schaut doch unbewusst achtlos dran vorbei. Jedenfalls ist das alles ein Aspekt von betörender Bedeutungslosigkeit, wenngleich die Eleganz mancher Illumination von unvergleichlicher Schönheit sein kann.

Jedenfalls ging mir ein Licht auf, dass das mein nächstes Instagramprojekt wird: Lampen von unten. Mein erstes Zwischenziel nach einem Elevator-Pitch mit mir selbst: Eine zweistellige Followerzahl. Folgen lohnt sich, man sieht dann Fotos wie diese:

Neuer Beerendienst

Ein Kuchen mit goldgelbem Boden, darauf eine weiße Creme und Blaubeeren.
Klassiker: Die Urform dieses Backwerks basiert auf Erdbeeren mit Vanillecreme. An diesem Wochenende habe ich es mal mit Blaubeeren und Weißer-Schokolade-Creme umgesetzt. Rezept? Hier.

Noch mehr Froschcontent

Fotos vom Frosch… wenn’s einer ist. Aber Fotos sind es jedenfalls. Das steht wenigstens fest.

Die Fotosession war heute in Schwerin. Bei Instagram gibts den ganzen Spaß mit dem passenden Soundtrack.