Tank-Spam

EIn Brief von “Clever Tank für Deutschland”. Analoger Spam im Briefkasten.

Spam! Ich bekomme hunderte dieser im harmlosesten Fall lästigen, im schlimmsten Fall schädlichen elektronischen Nachrichten pro Tag. Junk-Filter kümmern sich darum. Ab und zu schafft es mal ein Betrugsversuch bis in meinen Mail-Posteingangs-Ordner. Am Briefkasten vor der Haustür funktioniert das nicht, aber da kommen ja auch nicht täglich hunderte Nerv-Briefe an. Umso mehr fallen die auf, die sozusagen analoger Spam sind. Heute war wieder einer dabei – übrigens auch optisch eine Frechheit und in jeder Hinsicht unglaubwürdig.

Auch optisch eine Frechheit.

Lausiges Layout, ein bisschen Word-Art aus den 90ern und ein Text, der alle Fragen offen lässt. Das alles soll dazu dienen, um sich in Deutschland „bekannt und beliebt“ zu machen. So steht es Schwarz auf Weiß auf diesem Brief ohne Absender. Es geht um „die Clever-Tank“, die mit diesem Brief an den „sehr geehrten“ Herrn Kohlhof über ein großes Tanken-Preisrätsel informiert und „zur Neueröffnung“ den Gewinn von einem „unserer wertvollen Preise im Gesamtwert von über 24.000,- Euro“ in Aussicht stellt. Die ersten drei Preise könne man sich auch wahlweise „in Bar (sic!)“ auszahlen lassen. Wem das nicht reicht, der Aufforderung „Also ran an die Schreiber und gleich miträtseln“ nachzukommen, den soll der Hinweis überzeugen, dass man bei Antwort binnen drei Tagen auch noch einen „kostenlosen Urlaub für 2 Personen in das wunderschöne Venedig“ gewinnen kann. Der Brief, datiert in Delmenhorst, trägt keine Unterschrift.

Es geht darum, auf der beiliegenden Karte ein profanes Rätsel auszufüllen. 1. Preis: angeblich „3 Jahre kostenfrei tanken (max. Wert € 6000,-)“. Für den Zweiten geht’s um 2000 Euro für Sprit. Bei Platz 3 winken „Reisen im Wert von € 1.196“. Die Gewinner 4 bis 99 dürfen sich auf „Sachpreise, Einkaufsgutscheine etc.“ freuen. Das Lösungswort des Rätsels ist „Tanken“.

Doofe Fragen in einem Brei aus Grün und Blau.

Was bedeutet das alles? Wir wissen doch alle schon, dass das alles unseriöser Quatsch ist. Trotzdem noch mal: Eine Firma, die sich beliebt machen will, informiert nicht darüber, was sie eigentlich anbietet, der Brief hat keinen Absender, keine Unterschrift. Das Layout ist billigst, der Druck ist monochrom. Man sollte doch meinen, dass ein Tankstellenunternehmen (wenn es sich denn um ein solches handelt) zur Markteinführung ein bisschen mehr Geld in die Hand nimmt als für einen Laserdrucker und kein Layout.

Die Antwortkarte soll an ein anonymes Postfach zurückgeschickt werden, das Layout der Gewinn-Liste erinnert mit den blauen Rauten an den „Diamanten“ von Aral, ebenso weckt die abgerundete Schrift auf blauem Untergrund bzw. mit lausigem blauen Umriss an den Markenauftritt der Tankstellenkette. Das Rätsel liegt über einer Collage aus Zapfsäulen- und Preistafel-Fotos. Zu erkennen sind Kraftstoffpreise knapp über einem Euro. Der Name „Clever Tank“ erinnert an clever-tanken.de, ein Spritpreis-Vergleichsportal.

Es gibt “Reisen” zu gewinnen. Reisen. Vielleicht ja zu einem Heizdeckenfachhandel irgendwo im hintersten Heidegasthof…

Im Kleinstgedruckten, dort wo man nicht nur seinen Namen, seine Anschrift, sondern auch seine Telefonnummer, sein Geburtsdatum sowie eine Unterschrift angeben muss, steht auch noch dieser Hinweis: „Der Teilnehmer erklärt sich ausdrücklich damit einverstanden, im Falle des Gewinnes telefonisch benachrichtigt zu werden oder Angebote von Vertragspartnern schriftlich oder fernmündlich zu erhalten. (Dieses Einverständnis ggf. streichen).“ Alles klar. Ich habs nachgemessen: Der senkrechte Strich vom großen K ist knapp 2 Millimeter hoch. Ich sag doch: Kleinstgedruckt.

Wer die 2 Millimeter kleinen Buchstaben nicht durchstreicht, sitzt erst recht in der Falle. Aber ob es bei den als unseriös einzustufenden Empfängern überhaupt eine Rolle spielen würde, ob da irgendwas durchgestrichen ist?

Man darf vermuten, dass da jemand auf die übliche dreiste Art an jede Menge persönliche Daten kommen will, um damit wiederum Geld zu verdienen. Mal sehen, was Onkel Google meint…. ah ja:

Die Verbraucherzentrale Berlin warnte im März 2011 vor einem ganz ähnlichen Schreiben:

„Wer an dieser Art von Preisausschreiben teilnimmt, öffnet Datensammlern und -händlern Tür und Tor. Eine Vielzahl von Unternehmen in aller Welt hat fortan freien Zugang zu persönlichen Daten und wird die arglosen Gewinnspielteilnehmer mit telefonischer und schriftlicher Werbung überschütten.“

Tja nun.

Bei Antispam-ev sind Briefe dieser Art seit mindestens 2009 bekannt.

Auch clever-tanken.de wurde schon mal dazu befragt. Die Berliner Zeitung BZ zitiert im April 2011 clever-tanken.de:

“Wir haben mit dem Schreiben nichts zu tun. Unser guter Name wird ausgenutzt.”

Die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz listet Clever-Tank in der Liste der Abzocker 2011 auf.

Der Lahn-Dill-Kreis, nach eigenen Angaben der einzige Kreis in Deutschland, der eine Warnliste vor unseriösen Werbeschreiben pflegt, hat am 15. August 2012 sogar eine explizite Warnung vor den Schreiben von „Clever Tank für Deutschland“ veröffentlicht:

„Die Firma gibt es nicht, es fehlt an sämtlichen Absenderangaben und nur anhand der Postfach-Adresse auf der Teilnahmepostkarte ist niemand ausfindig zu machen. Leider verlangt die Deutsche Post AG von Postfach-Nutzern nicht, sich eindeutig zu identifizieren.“

Die mit den Antwortkarten gesammelten Adressen würden verkauft. Und weiter:

„Weil es auch Reisen zu gewinnen geben soll, erwarten die Fachleute der Behörde aufgrund ihrer Erfahrungen aber noch eine andere Masche: Es kann passieren, dass Teilnehmerinnen und Teilnehmern später zum Gewinn einer angeblich kostenlosen Reise gratuliert wird, die sich erst bei näherem Hinsehen dann als alles andere – nur nicht als kostenlos entpuppt.“

Also, da wird doch jetzt wohl niemand mehr ….

Arglose Frage auf gutefrage.net
Arglose Frage auf gutefrage.net

PS: Aber alles hat ja auch was Gutes. So habe ich in diesem Zusammenhang die Seite aral-design.de entdeckt. Ein gutes Beispiel für die professionelle Durchgestaltung eines Markenauftritts.

Überfluss

Mehr geht nun wirklich nicht

Wer da nicht zugreift, ist nicht mehr zu retten. Endlich: Eine Fleischerei aus Loitz hat eine Wurst erfunden, in die mehr reingeht, äh, als geht. Allein 101 Prozent Schweinefleisch! Wenn man noch den ganzen Würzkram und das Chemie-Zeugs dazurechnet kommt man bestimmt auf 200 Prozent Inhalt. Und das zum Preis von 100 Prozent. Mehr kann man wirklich nicht erwarten.

Pfirsiche und Verbraucherschutz

Erst freut man sich über die persönliche Entdeckung des Jahres: Weinberg-Pfirsiche. Und plötzlich denkt man über Verbraucherschutz nach.

Wer wird da widersprechen? Das Obst des Jahres 2011 ist – meiner unmaßgeblichen Meinung nach – eindeutig: Der Weinberg-Pfirsich! Ein unscheinbares Stück Frucht, das auf den ersten Blick den Eindruck erweckt, irgendjemand habe vergessen, es aufzupumpen. Nicht rund wie seine standardisierten Kollegen, sondern flach gedrückt wie in einer Schraubzwinge, handflächengroß und etwa so hoch wie eine Frikadelle – allerdings mit viel ansprechenderem samtig-rotem, gelb-sanftem Äußeren und zartem, weißgelbem Fruchtfleisch. Dabei so saftig und süß, wie man das ja heute eigentlich gar nicht mehr erwartet. Ein Sommer-Highlight.

Eine rasche Suche im Netz nach eben jenen Pfirsich-Vertretern führt zunächst und erstaunlicherweise: ins Leere. Onkel Google weiß nichts von Weinberg-Pfirsichen. Aber im Wikipedia-Eintrag findet sich immerhin ein Foto von Plattpfirsichen.

Da ist man platt: Pfirsiche schmecken auch als Fladen - vielleicht sogar ein bisschen besser als die runden... Fotoquelle: Wikipedia, User Daum

Warum gibt es keine Treffer? Vielleicht, weil die wohlschmeckenden Pfirsiche das Produkt irgendwelcher Obstmultis sind, die die Früchte im großen Stil und möglichst billig unter unobstlichen Bedingungen reifen lassen? Man sollte sich vielleicht lieber keiner Illusion hingeben und davon ausgehen, dass das flache Steinobst irgendwo auf Industrieplantagen erst gezüchtet und dann von riesigen Roboterarmen zusammengestaucht wird. Danach wird es dann verladen und in Pfirsich-Massen-Transporten von Spanien durch ganz Europa kutschiert. Irgendwelche Supermarktketten drücken dann die Preise, Pfirsich-Magnaten reiben sich die Hände – und während sie feist grinsend ihr Geld zählen, das sie mit wehrlosen flachen Pfirsichen verdient haben, zeigt ihre dicke qualmende Zigarre steil nach oben…

Ja, so ist das möglicherweise. Man liest ja so viel – und vielleicht ja auch ab morgen auf dem Verbraucherportal lebensmittelklarheit.de. Hier wollen die Verbraucherzentralen Lebensmittel-Mogelpackungen öffentlich anprangern. Stichwort: Welcher Käse ist gar kein Käse, welcher Erdbeerjoghurt enthält nicht mal einen Hauch Erdbeere? Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz fördert das Projekt.

Mittwoch um 11 Uhr soll das Projekt vorgestellt werden und dann auch online gehen. Noch heißt es auf der Internetseite:

Verbraucher können Produkte melden, durch deren Aufmachung oder Kennzeichnung sie sich getäuscht oder in die Irre geführt fühlen. Die Verbraucherzentrale leitet einen Dialog mit dem Hersteller oder Händler ein: Dieser kann dann zu den Vorwürfen Stellung beziehen.

Eine Redaktion will jeden sachdienlichen Hinweis vor Veröffentlichung prüfen.

Trotzdem: Da kochen die Emotionen natürlich hoch. Die Online-Ausgabe der Zeitschrift “Werben&Verkaufen” zitiert den Geschäftsführer der Organisation Werbungtreibende im Markenverband (OWM) mit den Worten:  “Der Ansatz der Verbraucherzentrale scheint zu sein, dass die gesetzlichen Regelungen falsch sind, weil der Verbraucher das anders empfindet, als es die Unternehmen deklarieren. Das ist nicht in Ordnung.” Schließlich hielten sich Unternehmen bei der Verwendung von Zutaten und Gestaltung von Produkten an Recht und Gesetz heißt es im Text. Und wenn sich dann noch Verbraucher getäuscht fühlten, könne man dafür doch nicht die Unternehmen verantwortlich machen. Außerdem: Schließlich hätten doch viele Unternehmen eine eigene Kundenhotline – und auch der Deutsche Werberat habe schließlich eine Stelle, die Beschwerden über vermeintlich irreführende Werbung bearbeitet. Im selben Artikel sagt Matthias Horst  vom Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde (BLL): “Niemand darf einen Nachteil erleiden, der sich an geltendes Recht und damit an die Regeln hält.” Das stimmt natürlich. Allerdings könnte man auch so formulieren: “Niemand darf einen Nachteil erleiden, der beim Anblick von Brombeeren auf einer Teepackung erwartet, dass auch hauptsächlich Brombeerpflanzen-Teile im Teebeutel liegen – und nicht irgendwas anderes… bloß keine Brombeeren.”

Null-Vorsprung

Eine Werbegrafik aus dem Baumarkt-Prospekt wurde Gegenstand einer feierabendlichen Analyse.

Donnerwetter, das ist doch mal ein beeindruckender Vorsprung… möglicherweise:  “Sie haben entschieden: Max Bahr hat die zufriedensten Kunden”, steht auf dem Baumarkt-Prospekt aus dem Anzeigenblättchen. Und der Vorsprung gegenüber der Konkurrenz muss ja gewaltig sein, wenn man sich mal die illustrierende Grafik anschaut:

Riesiger Vorsprung? Ausschnitt aus einem Baumarkt-Prospekt.
Riesiger Vorsprung? Ausschnitt aus einem Baumarkt-Prospekt.

Nun ja. Aufrichtig, wie Werbetreibende nun mal sind, veröffentlichen Sie auch die Daten und die Quelle für die Behauptung, dass Bahr ganz vorn liege bei der Kundenzufriedenheit.

Die Aussage fußt auf der Kundenmonitor-Studie 2010. Für die Branche der Bau- und Heimwerkermärkte haben die Autoren der repräsentativen Erhebung festgestellt, dass Kunden aller erfassten Geschäfte dieser Art im Durchschnitt einen Zufriedenheitswert von 2,48 angeben. Die Skala reicht von “vollkommen zufrieden” (gleich 1,0) bis unzufrieden (5,0). Max Bahr liegt demzufolge und wenn man alle Einzelaspekte zusammenfasst über dem Durchschnitt: Und zwar mit einem Wert von 2,31.

Jetzt kommt das langgezogene Aaaaaber: Der Anbieter “Globus Baumarkt” kommt bei der Kundenzufriedenheit auf exakt denselben Wert: 2,31. „Null-Vorsprung“ weiterlesen

Lampen-Humor

Für die 75-Watt-Glühbirnen kommt am 1. September das europaweite Aus – jede Menge “Wie viele braucht man, um eine Glühbirne zu wechseln?”-Witze bleiben allerdings bis auf weiteres erhalten und werden auf einer speziellen Internetseite gesammelt.

Morgen, am 1. Septmber,  ist der Anfang vom Ende der 75-Watt-Glühbirnen. In der Europäischen Union dürfen die Lampen dann nicht mehr hergestellt und verkauft werden – Restbestände dürfen die Einzelhändler aber noch verticken. Nach der 100-Watt-Birne nun also der kleinere Bruder, im nächsten Jahr muss dann die 60-Watt-Funzel dran glauben. Die alten Glaskolben mit dem Leucht-Wendel gelten ja als Energiefresser. Ihre sichtbare Lichtausbeute liegt bei durchschnittlich 5 Prozent.

Verbraucher sollen künftig Energiesparlampen benutzen – angebliche Quecksilber-Belastung hin oder her. Wie gut immerhin, dass auch diese ein Gewinde haben und in Fassungen geschraubt werden – da muss man dann wenigstens nicht auch noch die ganzen doofen Glühlampenwitze entsorgen. Dieser hier zum Beispiel genießt Bestandsschutz:

Wie viele Analytische Philosophen braucht man, um eine Glühbirne auszuwechseln?

Keinen. Es handelt sich um ein Pseudo-Problem. Die Glühbirne glüht, um Licht abzustrahlen. Wenn sie kaputt ist und kein Licht mehr abstrahlt, dann ist es keine Glühbirne mehr, oder?

oder dieser hier:

Wie viele Gitarristen benötigt man, um eine kaputte Glühbirne auszuwechseln?

11. Einen, der die Birne einschraubt – und zehn, die sagen, mit dem Equipment hätten sie das auch gekonnt.

Tja, und alle Glühlampenwitze, die jemals erdacht wurden, gibt es auf dieser Internetseite da.