Karibu, Tervetuloa und so

Willkommensgruß in Rostock. Zur Vorbereitung auf den G8-Gipfel – und um die internationalen Teilnehmer der Delegationen, Gipfelkritiker und Sicherheitskräfte zu begrüßen, hat die Stadtverwaltung große Plakate aufhängen lassen. Die Botschaft der 175 Werbetafeln ist eindeutig und in 21 Sprachen gehalten:
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Aber was ist was? Hier ist die Lösung: Die Sprachen in der Reihenfolge von oben nach unten.
Englisch
Spanisch
Portugiesisch
Italienisch
Hindi (Indien)
Französisch
Suaheli (Ostafrika)
Deutsch
Japanisch
Niederländisch
Türkisch
Schwedisch
Russisch
Vietnamesisch
Polnisch
Arabisch
Norwegisch
Hebräisch
Finnisch
Griechisch
Chinesisch

Redaktionshektik

Die Allgemeinverfügung der Polizei zum Versammlungsverbot während des G8-Gipfels rund um Heiligendamm hat mich heute auf Trab gehalten. Das war mal wieder richtig schön zeitnah und auch ein bisschen hektisch. Manchmal brauche ich sowas.
Weil die Beiträge als ARD-Sammel-Angebote verbreitet wurden, achten Sie auf Berichte aus Heiligendamm auf allen denkbaren öffentlich-rechtlichen Frequenzen.

Hintergrund: Der Planungsstab der Polizei zum G8-Gipfel hat angekündigt, dass die Versammlungsfreiheit rund um den Tagungsort eingesschränkt wird. Dadurch sind Protestaktionen direkt am Absperrzaun verboten. Die Polizei begründet dies mit dem Schutzbedürfnis der Gipfelteilnehmer. Schließlich seien – auch wenn es keine konkreten Hinweise gibt – terroristische Anschläge denkbar. So will sich, umgangssprachlich und frei übersetzt, die Polizei am Zaun wohl nicht durch normale Demonstrationen ablenken lassen. Außerdem hatte sie schon mehrfach betont, dass sie Blockade-Aktionen auf den Zufahrten nach Heiligendamm nicht dulden werde. Genau das hatte wiederum einige Demonstrantengruppen angekündigt. Die Polizei begründet das Versammlungsverbot deshalb auch mit dem Hinweis, dass dadurch Blockaden verhindert werden sollen.
Die Organisatoren der Anti-G8-Proteste kritisierten das Versammlungsverbot und kündigten inzwischen an, vor Gericht gegen die Allgemeinverfügung vorgehen zu wollen. Sie kritisierten die Polizei, die das Versammlungsgebot erst kurz vor dem Gipfel ausgesprochen habe, so dass den Demonstranten eventuell nicht mehr genug Zeit bleibt, alle juristischen Instanzen zu nutzen.
Außerdem befürchteten Sprecher von Attac und auch Anwälte, die die Gipfelgenger beraten, dass das Versammlungsverbot die Stimmung unter einigen Demonstranten aufheizt.
Am 7. Juni war unter anderem ein Sternmarsch zum Absperrzaun geplant. Die Versammlungsverbote gelten rund um Heiligendamm in zwei Zonen, im Seegebiet vor der Küste und rund um den Flughafen Laage. Im Abstand von 200 Metern zum Absperrzaun sind ab 30. Mai alle Versammlungen verboten. Im weiteren Umkreis sind während der Gipfeltage ebenfalls alle Versammlungen verboten. Der G8-Gipfel, das Treffen der Staats- und Regierungschefs der sieben größten Industrienationen und Russlands, sowie der Europäischen Union und einiger weiterer Schwellen- und Entwicklungsländer findet vom 6. Juni bis 8. Juni 2007 in Heiligendamm statt.
Dagegen bereitet ein breites Bündnis aus Initiativen, Vereinen und anderen Organisatoren seit Monaten Proteste vor. Dazu zählen kirchliche Initiativen, gewerkschaftsnahe Gruppen, anarchistische Vereinigungen, Umweltschutzinitativen, sozialistische Aktivisten und viele mehr. Zu einer Großdemonstration am 2. Juni in Rostock erwarten die Organisatoren 100.000 Teilnehmer. Wie viele tatsächlich in die Stadt kommen, ist noch nicht abzusehen.
Am Polizei-Einsatz vor und während des Gipfels sind 16.000 Beamte aus allen Bundesländern beteiligt.

Korrigiert

Selbstverständlich ist das alles bestimmt nur nett gemeint – vielleicht hat es sogar schon böse Unfälle mit gebrochenen Nasenbeinen gegeben, gefolgt von hässlichen Prozessen um Schadenersatzansprüchen und entagngenen Lustgewinn. Wer weiß das schon. Anders lässt sich die offensichtlich auf Dauer angelegte Existenz dieses notdürftig hingekritzelten Zettels aber nicht erklären:
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“Vorsicht Scheibe!” steht, mit rotem Flizstift in Großbuchstaben auf ein Blatt Papier geschmiert, an einem der Glasportale zu einem blitzenden und blinkenden Einkaufstempel.
Das Foto davon ist gut und gerne drei Monate alt. Seitdem prangt der handschriftliche Vermerk an der Glastür einer Rostocker Einkaufspassage. Sachlich ist sicherlich alles richtig (Glas ist jedenfalls definitiv vorhanden und Vorsicht grundsätzlich ja nicht schlecht – und wer beendet seinen hastigen Einkaufsbummel schon gern mit einem enegriegeladenen und folgenschweren Ausfallschritt gegen einbruchsicheres Glas), formal ist “Vorsicht Scheibe!” aber abstoßend unbeholfen.
Ich habe die Aufnahme selbst damals angefertigt und hier auch veröffentlicht – versehen mit dem Hinweis, dass es nur eines winzigen Strichs bedürfte, um aus diesem doofen Schild ein lustiges zu machen.
Nun, ganz offensichtlich war ich nicht der Einzige mit dieser Idee. Denn zwischenzeitlich hatte jemand mit einem Strich am Fuß des großen B in dem Wort Scheibe tatsächlich vor Fäkalien gewarnt. Wie lustig.
Das haben dann auch irgendwann die eigentlichen Urheber der schriftlichen Warnmeldung nicht mehr übersehen können und haben den Aushang ihrerseits wieder korrigiert.
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Und weil Papier in Rostock ja immer mal wieder knapp zu werden scheint, hat man das Papier auf ganz eigentümliche Weise recycelt, indem irgendwer vermutlich freiwillig den roten Zusatzstrich vom Zettel heruntergekratzt hat. Ja, wirklich. Es ist immer noch der alte Zettel, und irgendwer hat also mit einem scharfen Gegenstand einen roten Strich heruntergekratzt.
Warum? Es kann nur blöde Gründe dafür geben, ein sinnvoller will mir auch nach tagelangem angestrengtem Nachdenken nicht einfallen. Vielleicht kommen ja bei den Zettel-Retuschierern folgende Gründe ansatzweise mit in Betracht:

  1. Weil DinA4-Zettel rationiert sind.
  2. Weil rote Stifte dem Rotstift zum Opfer gefallen sind.
  3. Weil man sich so schön lächerlich machen kann.
  4. Weil derjenige, der für den Zettel seit Monaten verantwortlich zeichnet, nicht weiter denkt als von der Vorder- bis zur Rückseite eines durchschnittlichen Papierbogens.
  5. Weil man ja schon auch was ausdrucken könnte, mit Computer und so, aber: “Leider geht das nicht, unser Drucker kann nur Hochformat”?

Das wirft natürlich Fragen auf:

  1. Wann war zuletzt jemand vom Center-Management mit ungetrübter Wahrnehmung im Eingangsbereich der Passage unterwegs? Dieses Jahr schon?
  2. Wollen die vielleicht mit Zetteln wie diesen von leerstehenden Verkaufsflächen im Erdgeschoss ablenken?
  3. Ist man dort der Meinung, dass es sich nicht mehr lohnt, in ein neues DinA4-Blatt zu investieren, weil der Laden in der zweiten Jahreshälfte sowieso umgebaut werden soll?
  4. Haben die eigentlich keinen Respekt vor Kunden?
  5. Wäre es nicht möglich gewesen, einfach nur ein Blatt mit dem Emblem der Passage aufzuhängen, anstelle der Baumschulenformulierung “Vorsicht Scheibe!”? So wie die schwarzen Krähensilhouetten an jeder mittelmäßigen verdammten Schwimmhallenfensterscheibe zwischen Hammerfest und Taschkent? Irgendetwas annähernd Stilsicheres und Angemessenes vielleicht?

Die Antworten – davon kann man angesichts dieser vielschichtigen Tragödie wohl ausgehen – würden wohl bei jeder Frage jeweils irgendetwas Negatives beinhalten und auf Unvermögen und Überforderung schließen lassen.
Ich weiß, es wird nichts ändern, aber ich würde gern einen zweiten Zettel dort anbringen. Diesen hier: “Vorsicht, doofe Zettel!”
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Der Zettel als PDF zum Ausdrucken
Ach, was rege ich mich eigentlich auf…

Komma

Der Gewinner beim Poetry-Slam vor ein paar Tagen hat unter anderem mit diesem Gedicht die Siegertrophäe eingeheimst: Jörg Spiller hatte es mit den Worten eingeleitet, dass er es faszinierend findet, wie Mathematiker nur mit ein paar Zeichen komplexe Zusammenhänge verdeutlichen können – und das hat er auch versucht: Nur mit ein paar Sonderzeichen von der Tastatur.

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Dieses ebenso komplexe wie kompakte Werk veröffentliche ich mit freundlicher Genehmigung des Poetry-Slam-Gewinners Jörg Spiller. Interpretations- und Übersetzungsversuche der werten Leser werden in den Kommentaren gern zur Kenntnis genommen. Die Auflösung gibts in ein paar Tagen. Vielleicht gibts auch was zu gewinnen.

Zweiter Platz für kohlhof.de

Wer zu einem Poetry-Slam geht, darf alles erwarten, sollte aber auch mit allem rechnen. So ein Poetry-Slam, das ist ein Autoren-Wettstreit vor Publikum. Jeder, der will, setzt sich auf eine Bühne, trägt was vor und am Ende stimmen die Zuhörer ab, wer die besten Texte geschrieben hat. Gestern Abend war das Publikum im Ursprung in Rostock der Meinung, dass auch auf kohlhof.de ganz gute Texte zu finden sind. Ich habe beim Poetry-Slam der Rostocker Kulturwoche den zweiten Platz belegt.
Sieger wurde ein junger Mann, der geniale Gedichte vorgetragen hat. Besonders bemerkenswert: Ein Text bestand nur aus Satz- und Sonderzeichen auf der Computertastatur. So in etwa: “Komma, komma Tilde, mal mal Anführungszeichen…” Das Werk passt nach Angaben des Verfassers auf zwei Druckzeilen. Er hat versprochen, mir eine Kopie zu mailen.
Der dritte Platz ging an einen noch viel jüngeren Mann, der ein kurzes Liebeskummer-Gedicht vortrug – aus dem Gedächtnis. Letzte Strophe sinngemäß: “Wenn ich dann in die Augen eines anderen Mädchens blicke, dann werde ich für einen kurzen Moment bemerken, dass ich Dich vergessen hab.” Dabei kippte fast seine Stimme – und wohl wegen dieser Authentizität wählten ihn die über 120 Zuhörer auf Platz drei.
Ich habe keine Gedichte vorgetragen, sondern drei Glossen von dieser Seite. Und zwar “Botschaft von Piefke“, “Humorlose Feuerwehr” und “Fremdgegessen“.
Weitere Texte dieser Art findet man hier, wenn man oben in der Tag-Wolke auf Begriffe wie “glosse” oder “skurril“.
Vielen Dank allen Wählern, die mir mit ihrer Stimme nicht nur eine schicke Urkunde, sondern auch ein Büchlein von Molière beschert haben.

Angekreidet

Rostock, das ist die Stadt der Wunderlichen. So fiel mir heute am Straßenrand folgende Kritzelei auf den Gehwegplatten auf:
Botschaft aus Kreide auf dem Gehweg in Rostock

Kreide-Pranger: “Kein Parkschein. Keine Parkuhr. Pfui!” Vielleicht hatte die Politesse nicht genug Strafzettel dabei…

Der so Gebrandmarkte hatte sein Auto aber inzwischen fortgefahren. Der rosa Pfeil wies ins Leere.
Echt gut, wenn Leute aufpassen, dass alles mit rechten Dingen zugeht, gerade bei den kleinen Dingen des Alltags.

Rosenkohl

Oh mann! Also heute ist hier so ein Tach – ich kann jetzt nicht auf Einzelheiten eingehen – an dem ich mal wieder dankbar bin, dass es Rosenkohl gibt. Eben jener hat mir heute die nötige Kraft gegeben, mich mit den Irrungen und Wirrungen in der größten Stadt des Landes herumzuschlagen.
Mahlzeit.

“Let’s did it!”

Diesen legendär falschen Satz bekam Stefan Gwildis eigenen Angaben zufolge bei einem Festival zu hören. Es war wohl in etwa wie eine aufmunternde Anfeuerung gemeint. Jedenfalls berichtete Stefan Gwilids das heute Abend bei seinem Konzert in Rostock – und eröffnete mit dieser Anekdote sein Konzert.
Es war ein gute Auftritt vor geschätzt 700 Zuhörern im Saal 2 der Stadthalle. Er hat die von ihm intelligent auf Deutsch gecoverten Soulklassiker gespielt, dazu eigene Nummern von seinem neuen Album “Heut ist der Tag”. Zwischen den Songs ließ sich Gwildis Zeit für kruze sakrale soulige Predigten im Stile eines Priesters, der eine Gospel-Gemeinde anfeuert. So wurden die Rostocker “Brüder und Schwestern”, aufgefordert, alle Hemmungen fahren zu lassen (“Hallelujah”) und sich bei Bedarf vollständig zu entblößen oder auch die Stühle aus den Fenstern zu schmeißen. Das alles ist nicht passiert – weil unter anderem das im Durchschnitt mindestens 40 Jahre alte Publikum in langen Stuhlreihen Platz nehmen durfte. Und da ist es – vor allem im Norden – doch eher unwahrscheinlich, dass ein Konzert im Chaos endet.
Gwildis stand mit fünf Musikern auf der Bühne, spielte mit seiner Band zwischendurch unplugged, begeisterte das Publikum aber auch mit einer Percussioneinlage auf einer Blech-Mülltonne und ganz zu Anfang mit einer fetzigen Beatbox-Nummer nur mit Stimme und Mikrofon.
Der Saal 2 mutet eher wie eine Turnhalle an – die war allerdings ausverkauft. Das Publikum ging den Umständen entsprechend mit. Die Band war rasant, soulig, hatte Groove, so dass dies ein bemerkenswertes Konzert wurde. Ihr fehlte allerdings der Bläsersatz. Besonders beachtenswert sind bei Gwildis die Texte, hintersinnig, pointiert, unterhaltsam, mit Tiefgang, wie es so schön heißt. Den größten Applaus gab es wohl bei “Lass mal ruhig den Hut auf”, der Cover-Version von “You can leave your Hat on”. Schönes Konzert, schöner Abend – auch im Sitzen.

Links, rechts, links

Es musste wohl schnell gehen… Jedenfalls hat sich beim Design dieses Plakat-großen Hinweispfeils in einem Schaufenster in Rostock ein kleiner Fehler eingeschlichen:Links rechts links, irritierender Pfeil

ohne Worte